Volltext: Jahresbericht 1987 (1987)

aufenthalt des Künstlers zurückgehen und die Verzweif- 
lung und das Leiden des Krieges symbolisieren. Die in 
vorzüglicher Zusammenarbeit mit jugoslawischen 
Kollegen und Museen in Zagreb und Belgrad realisierte 
Ausstellung umfasste 65 Marmor-, Gips-, Bronze- und 
Holzskulpturen und stellte an Transport und Einrichtung 
höchste Anforderungen. Sie wurde zuerst in der National- 
galerie Berlin, die auch für den Katalog verantwortlich 
zeichnete, und anschliessend im Museum des 20. Jahrhun- 
derts Wien gezeigt: als notwendiger Beitrag zur Diskussion 
eines schwierigen Kapitels europäischer Kunst und ihrer 
5ffentlichen Wirkung. 
Sebastian aus Nantua, die orientalischen Themen und Tier- 
kämpfe um den «Sultan von Marokko», die späten mytho- 
logischen Szenen um «Die Vier Jahreszeiten» aus Säo 
Paulo. Die Ausstellung gab so ein dichtes und grandioses 
Bild des Meisters der französischen Romantik, der para- 
doxerweise zeit seines Lebens ein Klassiker in der Tradition 
von Tizian, Veronese und Rubens sein wollte. 
Die Voreröffnung wurde durch den Ausstellungsbesuch 
des französischen Staatspräsidenten Francois Mitterand 
zum Ereignis. Nach Zürich wurde die Ausstellung in der 
Städtischen Galerie im Städelschen Kunstinstitut in Frank- 
furt am Main und im Prado (Palacio de Villahermosa) 
in Madrid gezeigt. 
Eugene Delacroix (1798-1863) 
Victor Hugo (1802-1885) 
Seit 1963, der Ausstellung zum 100. Todestag des franzö- 
sischen Meisters, der über sein gestaltetes Farbempfinden 
ganze Künstlergenerationen zur Reflektion über das Eigen- 
dasein der bildnerischen vor allem malerischen Mittel, über 
die Linie, die Farbe, das Licht, die Kontraste anregte, gab es 
keine solch intensive Präsentation seines Werkes, die 
Mittelpunkt und thematische Inspiration der Veranstal- 
tungen der Zürcher Juni-Festwochen war. Von Oslo bis 
Tokyo, von Hawai bis Toronto kamen die Werke dieses 
zwar bekannten, aber durch die Vermählung von litera- 
rischen Themen mit einem revolutionären Umgang mit 
der Farbe als schwierig empfundenen Künstlers. Die 
Ausstellung stand in der Tradition der grossen Ausstel- 
jungen, deren gemeinsamer Nenner die geistig und sinnlich 
empfundene Farbe ist. 135 Gemälde aus 100 Museen und 
Privatsammlungen — zwar fehlten die grossen Salonbilder 
aus dem Louvre, der immerhin neun Gemälde, darunter 
die aufsehenerregende «Barque de Dante» lieh — und 128 
Arbeiten auf Papier wurden auf komplementärfarbigem 
Grund präsentiert, auf Rot die Gemälde, auf Grün die 
Arbeiten auf Papier. Die Gemälde wurden thematisch/ 
chronologisch um die Grossformate an den Stirnwänden 
gruppiert: Porträts und frühe Genreszenen um den «Rabe- 
lais», Umsetzungen von Shakespeare und Chateaubriand 
um die «Dantebarke», die Odalisken um die «Türkischen 
Frauen im Bad», die Massen- und Kampfszenen um die 
«Schlacht von Nancy», die religiösen Bilder um den Hl. 
Eugene Delacroix gab den Junifestwochen ihr Thema. Und 
das Thema «Romantik in Frankreich» brachte die Gelegen- 
heit, einen lange gehegten Wunsch zu verwirklichen, 
nämlich die «Phantasien in Tusche» eines der Grossen des 
19. Jahrhunderts zu zeigen. Das bildnerische Werk von 
Victor Hugo entstand im Stillen, 2000 Blätter, mehr als die 
Hälfte davon sind Karikaturen und Reiseskizzen. Mit 68 
Blättern aus mehrheitlich französischem Museums- und 
Privatbesitz zeigten wir den Phantasten Hugo mit den 
«autonomen» Blättern, die zu seinen Wortschöpfungen 
komplementär sind. In ihnen überwiegen die phanta- 
stischen Landschaften, die irrealen Städte, die Burgen im 
Nebelmeer, die Galgen im Morgengrauen, die Tiefen des 
Meeres, das Elementare, das Planetarische, oft aus dem 
Unbewussten hervorgeholt mit Bildfindungsverfahren 
und Materialexperimenten, die Hugo zum Vorläufer der 
Surrealisten und Tachisten werden liess. Die Rezeption 
dieser Ausstellung war besonders produktiv, da Victor 
Hugo ausserhalb von Frankreich kaum bekannt und seine 
Präsentation für viele eine Überraschung war. 
Einige Büsten von Michel und Rodin zeigten die Aus- 
einandersetzung der Künstler mit der physischen Erschei- 
nung des Dichters, Schriftstellers, Universalisten, Rebellen 
wider die Staatsmacht, also einer der überragenden offi- 
ziellen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, dessen unbe- 
kanntere Zeichnungen «bildnerische Romantik» sind.
	        
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