Full text: Jahresbericht 1987 (1987)

gernden, transparenten Schichten entstehen auf diese 
Weise lichte Farbräume, deren Raumsuggestion der 
Betrachter als aktive Ausstrahlung erleben kann. Dabei 
strebt Graubner keine Abbildhaftigkeit an, die Farbe ist 
nicht mehr gegenständlich gebunden, sie ist auch von 
jedem literarischen Inhalt befreit. Sie hat ihr eigenes Leben. 
Wie stark dennoch der Bezug seiner Arbeiten zur Natur ist, 
wurde in unserer Ausstellung überraschend an den Zeich- 
nungen deutlich, vor allem an den Aktdarstellungen, deren 
Formen in den quellenden Rundungen der «Schwamm- 
gouachen» wiedererkannt werden können. Die Erfahrung, 
dass das Figürliche in den Zeichnungen bis heute ein 
zentrales Anliegen Graubners ist, wirft ein neues Licht auf 
die Werke des Künstlers, die man meist als abstrakte 
Farbräume gesehen hat. 
Sigismund Righini — Farbstiftzeichnungen 
Der 1870 in Stuttgart geborene und 1937 in Zürich verstor- 
bene Tessiner Sigismund Righini war der Zürcher Kunst- 
gesellschaft als künstlerischer Berater und als Organisator 
seit jungen Jahren bis ans Ende seines Lebens eng 
verbunden. Er war berühmt für seine Ausstellungseinrich- 
tungen, die er als Präsident der Ausstellungskommission 
mit Feingefühl und Lust ausführte. Mit dem Überblick 
über seine Farbstiftzeichnungen machte das Kunsthaus auf 
einen Werkbereich aufmerksam, den der Künstler zu 
seinen Lebzeiten unter Verschluss gehalten hatte und den 
das Publikum erstmals 1938 in der grossen Gedächtnisaus- 
stellung des Kunsthauses zu Gesicht bekam. Seither hat 
sich das Interesse an dieser Seite seines künstlerischen 
Schaffens verstärkt, kommen doch die Zeichnungen ın 
ihrer unmittelbaren Ausdruckskraft dem heutigen Be- 
dürfnis nach Spontaneität und Emotionalität entgegen. 
Righini, der mit seinem an der französischen Malerei orien- 
tierten Farbensinn und seiner Sensibilität für das Licht 
einen ganz eigenen Platz in der Schweizer Malerei einahm, 
hat in seiner ausgesprochen malerischen Zeichnung die 
Farbe zum Hauptausdrucksträger gemacht. Gleichzeitig 
wurden in der Sammlung auch einige Ölbilder des Künst- 
lers gezeigt. 
Ausstellungen in der Sammlung 
Constantin Brancust: Photographien 
Als erste von drei in den sonst für die Alberto Giacometti- 
Stiftung reservierten Räumen gezeigten Photoausstellun- 
gen stellten wir die im Jahresbericht 1986 besprochene 
Schenkung der Familie Giedion vor. Rund achtzig von 
Brancusi selber hergestellten Aufnahmen und kostbare 
Abzüge seiner Skulpturen und seines Ateliers machten den 
Wert dieser einzigartigen Kollektion erneut bewusst. Ihre 
wissenschaftliche und konservatorische Aufarbeitung 
ergab, dass das Kunsthaus damit wohl die schönste Kollek- 
tion von «Vintage»-Prints besitzt, ihre Ausbreitung in der 
Ausstellung, in Beziehung zu den zwei Brancusi-Skulp- 
turen der Sammlung, verdeutlichte die ausserordentliche 
Begabung, mit der Brancusi sein bildhauerisches Schaffen 
so ins Medium der Photographie zu übersetzen wusste, 
dass es dort eine eigene künstlerische Qualität erreicht. Die 
Präsentation der Schenkung war ergänzt mit Portraitauf- 
nahmen. insbesondere von Bernhard Moosbrugger. 
Ausstellung der Stiftung für die Photographie 
Luc Chessex: Swiss Life 
Vierzehn Jahre lang hatte der Westschweizer Photograph 
Luc Chessex (geb. 1936 in Lausanne) in Lateinamerika 
gelebt. Der Schock der Rückkehr in ein reiches und kaltes, 
vertrautes und jetzt doch fremdes Land muss enorm 
gewesen sein. Chessex begann sich mit der Sterilität und 
Gewöhnlichkeit des schweizerischen Alltags abzufinden, 
indem er ihn photographierte, und er entdeckte in seinen 
Trostlosigkeiten auch Poesie. So montierte er seine 
«Recherchen» mit grossformatigen Einzelbildern und 
Serien zu exemplarisch helvetischen Themen, zum Pan- 
orama eines Landes, zu einem nüchternen Gegenwartsbe- 
richt, der als Dokument der achtziger Jahre zweifellos 
Gültigkeit bewahren wird. 
UP/HS/GM/TS/WBR
	        
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