Volltext: Jahresbericht 1987 (1987)

des Mediums erforschen. Sie wenden sich vermehrt den 
traditionellen Techniken —- wie Holz- und Linolschnitt, 
Radierung und Lithographie - zu, gehen mit ihnen aber in 
sehr unkonventioneller Weise um. Martin Disler beispiels- 
weise benützt die Vernis-mou-Technik nicht in der klas- 
sischen Manier, d. h. er zeichnet nicht auf ein dünnes Blatt 
Papier, das - über dem weichen Grund liegend - einen blei- 
stift- oder kreideartigen Strich erzeugt, sondern er arbeitet 
mit dem Pinsel und mit den Fingern direkt in den weichen 
Grund hinein, was seiner spontanen, gestischen und ener- 
giegeladenen Schaffensweise entspricht. Peter Emch inter- 
pretiert den Linolschnitt in ganz eigener Weise. Anstelle 
der gängigen flächigen und linearen Darstellung mit Innen- 
und Aussenformen erzeugt er einen «Schlitzraster», d. h. 
einen Querraster aus dicht nebeneinander gelegten Längs- 
schnitten, der es ihm gestattet, im Linolschnitt unübliche 
Halbtöne und Hell-Dunkel-Modellierungen zu erzielen. 
Dieses neue Verfahren, das seinen kantig-kubischen 
Figuren und Landschaftselementen Plastizität und Tiefe 
verleiht, vermag vibrierendes Licht in das Bild zu bringen. 
Josef Felix Müller schneidet bei seinen Holzschnitten ohne 
die übliche Vorzeichnung direkt in das Holz, ein Verfahren, 
das er auch bei seinen Holzskulpturen anwendet, wodurch 
die Unmittelbarkeit des Schaffensprozesses erhalten bleibt. 
Er verzichtet auf die herkömmliche, kontrollierte Holz- 
schnittmanier, die vom Endresultat ausgeht und die 
Vorzeichnung so genau wie möglich zu reproduzieren 
sucht. Seine riesigen Holzschnitte aus der Serie «Tasten 
durch den feinen Nebel der Sinnlichkeit» von 1986 hat er 
unmittelbar aus dem Fussboden seines Ateliers geschnitten 
und mit Hilfe von Freunden gedruckt, die sich in 
Strümpfen über das Papier bewegen mussten. Nach 
unserem Ankauf des Holzschnittes Nr. 1 schenkte uns Frau 
Annette Bühler zu unserer grossen Freude den Holzschnitt 
Nr. 2.und Herr Peter Blum das Titelblatt dieser 4teiligen 
Serie. 
Des weiteren wurden wir im Jubiläumsjahr von Herrn 
Hans Bolliger mit dem Plakat für den Salon DADA in der 
Galerie Montaigne, Paris, 1921 beschenkt, das eine wichtige 
Bereicherung unserer Dada-Sammlung ist. Von Frau Dr. 
Josy Guggenheim erhielten wir das aussergewöhnliche 
Werk «Sandbank» von Paul Klee sowie zwei schöne Farb- 
stiftzeichnungen von August Macke. Aus dem Legat von 
Friedrich und Anna Schenkel-Grendelmeier konnten wir 8 
Aquarelle und eine Radierung entgegennehmen. Auch 
durch die Schenkung von Herrn Professor Alfred Roth 
wurde die Graphische Sammlung reich bedacht. Wir 
erhielten 7 Zeichnungen und einen Holzschnitt, zum Teil 
von wichtigen Künstlern, die in unserer Sammlung bisher 
fehlten, wie Willi Baumeister, Henry van de Velde oder 
Adolf Hölzel. 
UP 
Restaurierung und Konservierung 
Der Schwerpunkt in diesem Jahr lag auf der Restaurierung 
und Neumontierung von insgesamt 189 Altmeisterzeich- 
nungen von Zürcher- und Schweizerkünstlern des 16.-17. 
Jahrhunderts. Die Vorarbeiten wurden mit der nötigen 
Zuverlässigkeit von den Mitarbeiterinnen im Atelier Bürkı, 
Miriam Gierisch und Barbara Stucki, in den Räumen der 
Graphischen Sammlung besorgt, während die Hauptauf- 
gabe im Anschluss daran in den bewährten Händen von 
Frau Annagret Bürki lag. M. Gierisch hat uns in dankens- 
werter Weise unterstützt, indem sie 229 kleinere Formate 
neu passepartourierte. Die grösseren Formate und drin- 
gende Passepartourierungsarbeiten für Ausstellungen, mit 
insgesamt 424 Zeichnungen, hat Albert Planta durch regel- 
mässige Mitarbeit übernommen. Neben diesen auswärtig 
besorgten Arbeiten blieben unserem Buchbinder Otto 
Müller noch 292 Passepartouts, die er neben den Buch- 
binderarbeiten und der Betreuung von Besuchern der 
Bibliothek (siehe Benützerstatistik) und der Graphischen 
Sammlung in der bekannten, ausserordentlich speditiven 
und präzisen Weise geschnitten hat. Die Restaurierung von 
Altmeisterzeichnungen wird im folgenden Jahr fortgesetzt. 
Abgeschlossen wurden die restauratorischen Vorarbeiten 
für die Veröffentlichung von 70 Zeichnungen aus dem 
Zeitraum 1750 bis 1850 im Sammlungsheft 14. Diese Vor- 
arbeiten erstreckten sich über eine Zahl von 215 Zeich- 
nungen, die heute in gepflegtem Zustand und wissenschaft- 
lich erschlossen leichter zugänglich gemacht worden sind.
	        
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