Presse numeriert. 60 Exemplare 30 Mk.» Der Plan, die
Blätter zu aquarellieren, wurde nicht ausgeführt. In der
ım Februar 1920 erschienenen Dada-Publikation «Die
Schammade» heisst es in einer Anzeige der Mappe
«... Die Blätter wurden im Auftrag der Stadt Köln ge-
zeichnet. Es ist dies der erste Fall, in dem eine Stadt-
verwaltung als Auftraggeber eines dadaistischen Kunst-
werkes dasteht.»
Als «Huldigung für Chirico» schafft Max Ernst «Fiat
Modes. ..»: Bei einem Besuch in München mit Baargeld
im September 1919 sieht er eine Ausstellung von Paul
Klee in der Galerie Hans Goltz und entdeckt in der der
Galerie angeschlossenen Buchhandlung mehrere Num-
mern der Zeitschrift «Valori plastici» mit reproduzierten
Werken von de Chirico und Carrä. Gesichtslose, glieder-
puppenartige Wesen in ausgestorbenen städtischen Stras-
sen und Plätzen von traumhafter Räumlichkeit. Über den
Eindruck der Zeichnungen de Chiricos schreibt er: «Ich
zlaubte, etwas wiederzuerkennen, was mir seit jeher ver-
traut gewesen war, so als ob etwas Altbekanntes einen
ganzen Bereich der eigenen Traumwelt enthüllte, den
man durch Einschalten einer Art Zensur nicht hatte
sehen und verstehen wollen.» In der Buchhandlung er-
ährt er, dass Arp in Zürich wirkt, und sieht eine Reihe
von Zürcher Dada-Publikationen. Unter anderen die
letzten Zeitschriften-Nummern «Dada 4/5» und «391
No. 8» mit den mitmechanistischen Zeichnungen von
Picabia geschmückten Titelblättern und eingestreuten
«Dessins mecaniques». Max Ernst befand sich ja von
19141918 im Krieg und wusste nichts von den Aktivi-
täten der Dadas in Zürich.
Der Künstler schwelgt nun in einer unendlichen
Traumwelt — bevölkert mit wenigen gesichtslosen, mario-
nettenhaften Wesen — in mit geheimnisvollen Appara-
turen, Maschinen und Instrumenten möblierten labora-
toriumartigen Räumen, in phantastischen Architekturen
mit steil verlaufenden, stürzenden Perspektiven. Raum
und Zeit und sämtliche Grössenverhältnisse scheinen
aufgehoben. Auf einem Blatt finden sich zwei Laterna-
magica-Darstellungen mit auf dem Kopf stehenden, pup-
penartigen Winzlingen und zwei an einem Flaschenzug
hilflos hängenden Wesen. In die Komposition sind merk-
würdige mathematische Formeln. Buchstaben, ironische
Sätze als figurative Elemente integriert. Sätze wie «Dada
nobis valutamtam Pacis», «Finger weg von der hl. cunst»,
das sakrale Wort Kunst hier mit «c» geschrieben. Eigen-
artig sind auch die im Stein geschriebenen verschieden-
artigen Signaturen: Die Blätter 1 und 5 signiert der Künst-
ler mit «Ernst», auf Blatt 2 findet sich die Signatur
«Dadam Ernst», die Blätter 3 und 6 tragen die Signatur
«Max Ernst», und die Lithographien 4, 7 und 8 schliess-
lich sind mit «Dadamax Ernst» signiert.
Schliesslich ein Wort zur Widmung an Ilia Zdanevitch.
Bei ihm handelt es sich um den 1894 in Tiflis geborenen
und 1975 in Paris verstorbenen russischen Dichter, der
später unter dem Namen Iliazd als grosser Buchgestalter
und Buchkünstler bekannt wurde und dem wir neben
neun illustrierten Werken von Picasso bedeutende illu-
strierte Bücher von Max Ernst wie «Maximiliana», eines
der schönsten illustrierten Werke des Künstlers, ferner
von Alberto Giacometti, Raoul Hausmann, Miro, Ribe-
mont-Dessaigne, Leopold Survage, Jacques Villon u.a.
verdanken. Im Jahr 1949 publizierte er eine vielbeachtete
Anthologie von Lautgedichten unter dem Titel «Poesie
de mots inconnus» mit Texten von Arp, Ball, Hausmann,
Krutchenykh, Picasso, Schwitters, Tzara u.a. Das Werk
enthält originalgraphische Illustrationen von Arp,
Chagall, Alberto Giacometti, Gleizes, Hausmann. Leger,
Matisse, Miro, Picasso, Wols u. a.
Die Lithographien von «Fiat Modes» sind in einer
dünnen, schattenlosen Linie gezeichnet, in einer vom
Künstler bewusst gewählten anonymen Handschrift. Als
Ganzes handelt es sich bei «Fiat Modes» um ein hand-
werklich und künstlerisches Meisterwerk.
Hans Bolliger