unglaublich plastischen Dinglichkeit der altniederlän-
dischen Malerei zu den Tafeln Brueghels, erscheinen die
Farben merkwürdig fahl und dünn und das formale
Gefüge spannungsärmer.
Bei Polke lässt sich Ähnliches beobachten. Es würde
seinen künstlerischen Absichten widersprechen, wenn die
ästhetische Verklärung nicht stets in ihrer Mache deutlich
und auf ihr materielles Substrat hin durchsichtig bliebe.
Dieser medienkritische Verfremdungseffekt scheint inter-
essanterweise in den abstrakten Bildern kaum erreichbar
zu sein; auch die stärksten formalen Brüche können der
harmonisierenden Ästhetisierung nicht widerstehen. Die
Ambivalenzen auf formaler und inhaltlicher Ebene hin-
gegen, die Entsprechendes in unserer gegenwärtigen
Situation bewusst machen, beruhen auf diesem Schwebe-
zustand, ın dem sowohl die Leere der wertlosen Mate-
tlalien und entwerteten Bildzeichen als auch ihre Ver-
zauberung durch manipulierende Konstruktionen wirk-
sam werden. «Neid und Habgier», in dem Polke seine das
Frühwerk dominierende Rastertechnik mit den in den
letzten Jahren in den Vordergrund gerückten «alche-
mistischen» Praktiken aussagekräftig kombiniert, bringt
diesen Angelpunkt seiner Kunst umfassend zur Geltung.
Christian Klemm
A.R. PENCK
WELTBILD, 1961
Mit dem Ankauf des sogenannten «Weltbildes 1» von
A.R. Penck durch die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde
ist es gelungen, eines der wichtigsten Bilder des deutschen
Malers, Bildhauers, Zeichners, Graphikers, Kunsttheo-
retikers und Musikers für die Sammlung des Kunst-
hauses zu erwerben. Der im Jahr des Ausbruchs des Zwei-
ten Weltkrieges, 1939, in Dresden als Ralf Winkler ge-
borene Künstler ist hierzulande seit Mitte der siebziger
Jahre unter verschiedenen Pseudonymen bekannt
geworden, die er jeweils einer bestimmten «Stilphase»
beziehungsweise einer Werkgruppe zuordnete. AR. Penck,
wie er sich um 1968 genannt hat, ist mit den Jahren zu
seinem eigentlichen Künstlernamen geworden.
Von heute aus gesehen ist Penck mit dem Weltbild von
1961 — wenngleich vom «westlichen» Kunstpublikum noch
jahrelang unentdeckt — der künstlerische Durchbruch
gelungen: ein Durchbruch im Sinn der Entwicklung einer
eigenständigen und unverwechselbaren Bildsprache; ein
Durchbruch aber auch im Hinblick auf eine erste gestal-
terische «Summe» seiner bisherigen Bildforschung, die
sich sowohl von den «realistischen» Bildern aus der zwei-
ten Hälfte der fünfziger Jahre entscheidend absetzen wie
auch wichtige Perspektiven für seine künstlerische Zukunft
eröffnen sollte. Der programmatische Titel Weltbild nahm
dabei Bezug auf die Haltung des zunehmend isoliert und
später im Untergrund arbeitenden Künstlers gegenüber
einer «Welt», die sich ihm theoretisch als Netz von (poli-
tischen) Systemen darstellte. We/rbild lässt aber auch jene
epochenübergreifende traditionelle Bildformel assozi-
jeren, die mit panoramatisch aufgefassten Landschafts-
darstellungen weniger ein «Porträt» der Landschaft im
topographischen Sinn denn einen «idealen» Lebensraum
wiedergeben wollte, gleichsam sämtliche natürlichen und
zivilisatorischen Ereignisse in eine virtuell globale Sicht
mit einschliessend: die «Weltlandschaft».
Seit etwa 1953 hatte Ralf Winkler vor allem Bilder
gemalt, die auf die Auseinandersetzung mit Künstlern der
klassischen Moderne verweisen, vor allem mit Van Gogh
und Picasso, wobei ihn gerade beim grossen Spanier von
Anfang an weniger die eigentlichen Stilprobleme als Fra-