von 1983 wieder auf. Der «geheimnisvolle Odem» verbild-
licht in seinen auf- und niedergehenden Wellenlinien das
Ein- und Ausströmen des Atems, der dadurch, dass er mit
Kreuzen oder mit Totenköpfen erfüllt ist, auf den
Rhythmus von Leben und Tod zu verweisen scheint. In
anderen Zeichnungen erhebt sich das Pferd mit seinem
Reiter in die Lüfte, oder es steigt von der Spitze eines Berges
senkrecht empor. In einem Gespräch über seinen Text
«Brief einer Zeichnung von der Front», in dem Cucchi von
den Zeichnungen berichtet, die den Maler «erzittern lassen
vor Angst und vor Verwunderung», erzählte er, dass das
Pferd für ihn das Tier sei, das in ihm sowohl ein Angstgefühl
als auch ein Gefühl von Grösse, Geheimnis und Energie
auslöse: «Angst und Wunder gehören zusammen; eines
befreit das andere.»
Unsere seit Jahren kontinuierlich aufgebaute Samm-
lung von Minimal und Concept Art konnten wir durch
neuere Werke von Jan Dibbets, Sol LeWitt und Robert
Mangold sowie durch die umfangreiche Edition «Wende»
80 von Hanne Darboven bereichern, welche ausser den 416
Blättern in der Kassette 11 Langspielplatten umfasst. Letz-
tere sind eine willkommene Ergänzung unserer Schallplat-
tensammlung, die seit 1983 parallel zu unserer Videothek
entstanden ist und in der wir speziell Musik von bildenden
Künstlern, wie zum Beispiel Laurie Anderson, Joan La
Barbara, Terry Fox, Meredith Monk, A.R. Penck oder
Dieter Roth, zusammengetragen haben.
Unsere Dada-Sammlung konnte durch eine Collage
von Johannes Baader und drei Tuschzeichnungen von
Tristan Tzara abgerundet werden. Die Neuerwerbungen an
Schweizer Druckgraphik von Helmut Federle und Thomas
Müllenbach erhielten durch die Dauerleihgabe von sieben
Siebdruckmappen der Schweizer Kulturstiftung Pro
Helvetia eine grossartige Bereicherung. Die Portfolios von
Jan Anüll, Max Bühlmann, Marie-Jose Burki, Leiko
Ikemura, Mitja Tusek, Franz Wanner und Günther Wize-
mann sind von der Pro Helvetia zusammen mit der Edition
ARTELIER GRAZ und dem Forum Stadtpark Graz her-
ausgegeben worden. Diese Edition hatte den sieben Künst-
lern die Möglichkeit geboten, in ihrem Siebdruckatelier
jeweils während einer Woche mit der Serigraphie zu experi-
mentieren, wobei jeder Künstler einen ihm ganz eigenen
Zugang zu dem Medium gefunden hat.
An Geschenken durfte die Graphische Sammlung im
letzten Jahr von Herrn Dr. Rene Wehrli zwei Tuschzeich-
nungen von Jean Pougny aus den Jahren 1916 bis 17 entge:
gennehmen, und Frau Dr. Irene Rüegg-Marton schenkte
uns 54 Zeichnungen ihres Mannes, Ernst Georg Rüegg, aus
den Jahren 1902 bis 1948, die alle Gattungen seines Werkes
umfassen: Porträts, Figurenbilder, Tierstudien und Land-
schaften.
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Restaurierung und Konservierung
Bevor eine Zeichnung den Weg zur Ausstellung antreten
kann, geht sie durch viele Hände, deren Leistung um so
höher einzuschätzen ist, je unsichtbarer sie bleibt. Zwei
Beispiele: Die Restaurierung der beiden Parmigianino
zugeschriebenen Zeichnungen «Madonna mit Kind»
(Z.Inv.A.B. 1620) und «Weibliche Figum (Z.Inv.A.B.
1622) bestand zur Hauptsache darin, das vom Künstler
bearbeitete Blatt von späteren Untersatzpapieren zu lösen,
um den schwebenden, rätselhaften Ausdruck der beiden
Zeichnungen zurückzugewinnen. Rötelzeichnungen
werden mit grösster Sorgfalt behandelt. Der Riss und die
etwas grobe Hinterklebung auf der Rötelstudie von Jacobo
Zanguidi, genannt Bertoja, (Z. Inv. A. B. 1623) setzen das
Blatt beträchtlichen Spannungen aus. Dennoch wurde
nach den üblichen Reinigungsarbeiten auf deren Entfer-
nung verzichtet. Ein solcher Eingriff hätte dem einheitli-
chen und schwungvollen Liniengefüge mehr geschadet als
die inzwischen «vernarbten», alten Verletzungen des
Blattes.
Der Hauptteil der Restaurierungsarbeiten lag auch
dieses Jahr in den bewährten Händen von Frau Annagret
Bürki und ihrem Team. Dr. Fritz Bürki identifizierte die
Wasserzeichen, was in manchen Fällen zur genaueren
Datierung der Zeichnungen verhalf. Die Schweizer des 16.
bis 18. Jahrhunderts sind damit zum grössten Teil, die
Holländer, Italiener und die Deutschen wieder ganz für
Besucher und Ausleihe zugänglich. Ausserdem wurden 18
Zeichnungen von Karl Geiser und 4 Zeichnungen von
Lovis Corinth restauriert.