Volltext: Jahresbericht 1989 (1989)

von 1983 wieder auf. Der «geheimnisvolle Odem» verbild- 
licht in seinen auf- und niedergehenden Wellenlinien das 
Ein- und Ausströmen des Atems, der dadurch, dass er mit 
Kreuzen oder mit Totenköpfen erfüllt ist, auf den 
Rhythmus von Leben und Tod zu verweisen scheint. In 
anderen Zeichnungen erhebt sich das Pferd mit seinem 
Reiter in die Lüfte, oder es steigt von der Spitze eines Berges 
senkrecht empor. In einem Gespräch über seinen Text 
«Brief einer Zeichnung von der Front», in dem Cucchi von 
den Zeichnungen berichtet, die den Maler «erzittern lassen 
vor Angst und vor Verwunderung», erzählte er, dass das 
Pferd für ihn das Tier sei, das in ihm sowohl ein Angstgefühl 
als auch ein Gefühl von Grösse, Geheimnis und Energie 
auslöse: «Angst und Wunder gehören zusammen; eines 
befreit das andere.» 
Unsere seit Jahren kontinuierlich aufgebaute Samm- 
lung von Minimal und Concept Art konnten wir durch 
neuere Werke von Jan Dibbets, Sol LeWitt und Robert 
Mangold sowie durch die umfangreiche Edition «Wende» 
80 von Hanne Darboven bereichern, welche ausser den 416 
Blättern in der Kassette 11 Langspielplatten umfasst. Letz- 
tere sind eine willkommene Ergänzung unserer Schallplat- 
tensammlung, die seit 1983 parallel zu unserer Videothek 
entstanden ist und in der wir speziell Musik von bildenden 
Künstlern, wie zum Beispiel Laurie Anderson, Joan La 
Barbara, Terry Fox, Meredith Monk, A.R. Penck oder 
Dieter Roth, zusammengetragen haben. 
Unsere Dada-Sammlung konnte durch eine Collage 
von Johannes Baader und drei Tuschzeichnungen von 
Tristan Tzara abgerundet werden. Die Neuerwerbungen an 
Schweizer Druckgraphik von Helmut Federle und Thomas 
Müllenbach erhielten durch die Dauerleihgabe von sieben 
Siebdruckmappen der Schweizer Kulturstiftung Pro 
Helvetia eine grossartige Bereicherung. Die Portfolios von 
Jan Anüll, Max Bühlmann, Marie-Jose Burki, Leiko 
Ikemura, Mitja Tusek, Franz Wanner und Günther Wize- 
mann sind von der Pro Helvetia zusammen mit der Edition 
ARTELIER GRAZ und dem Forum Stadtpark Graz her- 
ausgegeben worden. Diese Edition hatte den sieben Künst- 
lern die Möglichkeit geboten, in ihrem Siebdruckatelier 
jeweils während einer Woche mit der Serigraphie zu experi- 
mentieren, wobei jeder Künstler einen ihm ganz eigenen 
Zugang zu dem Medium gefunden hat. 
An Geschenken durfte die Graphische Sammlung im 
letzten Jahr von Herrn Dr. Rene Wehrli zwei Tuschzeich- 
nungen von Jean Pougny aus den Jahren 1916 bis 17 entge: 
gennehmen, und Frau Dr. Irene Rüegg-Marton schenkte 
uns 54 Zeichnungen ihres Mannes, Ernst Georg Rüegg, aus 
den Jahren 1902 bis 1948, die alle Gattungen seines Werkes 
umfassen: Porträts, Figurenbilder, Tierstudien und Land- 
schaften. 
1JT 
Restaurierung und Konservierung 
Bevor eine Zeichnung den Weg zur Ausstellung antreten 
kann, geht sie durch viele Hände, deren Leistung um so 
höher einzuschätzen ist, je unsichtbarer sie bleibt. Zwei 
Beispiele: Die Restaurierung der beiden Parmigianino 
zugeschriebenen Zeichnungen «Madonna mit Kind» 
(Z.Inv.A.B. 1620) und «Weibliche Figum (Z.Inv.A.B. 
1622) bestand zur Hauptsache darin, das vom Künstler 
bearbeitete Blatt von späteren Untersatzpapieren zu lösen, 
um den schwebenden, rätselhaften Ausdruck der beiden 
Zeichnungen zurückzugewinnen. Rötelzeichnungen 
werden mit grösster Sorgfalt behandelt. Der Riss und die 
etwas grobe Hinterklebung auf der Rötelstudie von Jacobo 
Zanguidi, genannt Bertoja, (Z. Inv. A. B. 1623) setzen das 
Blatt beträchtlichen Spannungen aus. Dennoch wurde 
nach den üblichen Reinigungsarbeiten auf deren Entfer- 
nung verzichtet. Ein solcher Eingriff hätte dem einheitli- 
chen und schwungvollen Liniengefüge mehr geschadet als 
die inzwischen «vernarbten», alten Verletzungen des 
Blattes. 
Der Hauptteil der Restaurierungsarbeiten lag auch 
dieses Jahr in den bewährten Händen von Frau Annagret 
Bürki und ihrem Team. Dr. Fritz Bürki identifizierte die 
Wasserzeichen, was in manchen Fällen zur genaueren 
Datierung der Zeichnungen verhalf. Die Schweizer des 16. 
bis 18. Jahrhunderts sind damit zum grössten Teil, die 
Holländer, Italiener und die Deutschen wieder ganz für 
Besucher und Ausleihe zugänglich. Ausserdem wurden 18 
Zeichnungen von Karl Geiser und 4 Zeichnungen von 
Lovis Corinth restauriert.
	        
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