Volltext: Jahresbericht 1989 (1989)

hat. Es ist vorauszusehen, dass aus diesem Grunde die 
Vereinigung Zürcher Kunstfreunde im Jahre 1990 keine 
grösseren Ankäufe tätigen kann: die akzentbildende Kraft 
des erworbenen Diptychons lässt dies leicht verschmerzen. 
Schon seit 1982, als mit Bildern von Kiefer und Penck 
mit dem Sammeln von Werken der neuen expressiv-figura- 
tiven Kunst begonnen wurde, bestand die Absicht, ein 
repräsentatives Gemälde von Baselitz zu erwerben; der im 
folgenden Jahre angekaufte frühe «Katzenkopf» von 1967 
liess den Wunsch nur um so dringender erscheinen, der 
nun durch «Das Atelier» aufs trefflichste erfüllt wurde. 
Gleichzeitig konnte die Kunstgesellschaft eine seiner 
seltenen monumentalen Skulpturen erstehen; der «Gruss 
aus Oslo» tritt als urtümlich-mächtiges und zugleich zartes 
Holzidol zu den Gemälden und rundet die zahlenmässig 
kleine, aber sehr qualitätvolle Werkgruppe vorzüglich ab. 
Aber im gleichen Masse, in dem sich die Bestände 
mehren und runden, verringert sich der freier verfügbare 
Raum. Dieser beschränkt sich nur mehr auf die beiden hin- 
teren Teile der Geschosse B und C des Baus von 1976 und 
die an diesen anschliessende Hälfte der Durchgangsgalerie 
zum Altbau. Auf diesen kleinen Flächen müssen die figu- 
rale Schweizer Kunst nach Amiet und Giovanni Giaco- 
metti bis heute und die neuesten Strömungen präsentiert 
werden. Um aussagekräftigere Situationen zu erreichen 
und den regelmässigen Besuchern der Sammlung interes- 
santere Einblicke zu vermitteln, sind vermehrt geschlos- 
sene Gruppen gebildet worden, die auch seit langem nicht 
mehr gezeigte Bilder ans Licht bringen und nach ein paar 
Monaten von einer anderen Accrochage abgelöst werden. 
So begleitete ein auf die Schweizer Situation um 1939 bezo- 
genes Ensemble von surrealistischen Gemälden mit 
Probsts «Schweizertyp» als Kontrapunkt die Dali-Ausstel- 
lung und zugleich die «Diamant»-Aktivitäten zur Erinne- 
rung an die Mobilmachung. Gegenwärtig finden sich ın 
einer zusammen mit Hanny Fries getroffenen Auswahl 
malerische Positionen um 1910 einerseits und der 
Zwischen- und Nachkriegszeit andrerseits. 
Während der Sommermonate wurden die Räume der 
Schweizer Kunst vom 16. Jahrhundert bis zu Hodler zugun- 
sten der extensiven «Happy Birthday Photography»-Aktivi- 
täten geleert — zeitweilig gab es simultan, je nach 
Zählung, vier bis sieben Ausstellungen zum Thema. Da 
auch die Videoinstallationen Sammlungsräume bean- 
spruchten, ergab sich dazwischen eine günstige Möglich- 
keit, in den Seitenlichtsälen am Heimplatz eine Auswahl 
aus den von der Gruppe junge Kunst der Vereinigung 
Zürcher Kunstfreunde gesammelten Werken zu zeigen. Die 
beiden Pseudo-Rohbeton-«Megalithen» von Biefer/ 
Zegraggen, die die Architektur der grossen Halle aufnahmen 
und zugleich die laufenden Bauarbeiten kommentierten, 
führten in den ersten Raum, in dem mit Richard Long, 
Hamish Fulton u.a. Land Art vergegenwärtigt wurde. Der 
mittlere Raum erhielt durch die leuchtend blaue Skulptur 
von Kapoor, das grüne Blatt von Cragg und Denis Oppen- 
heims «Cornered Journey», über dem Ruschas «Angel 
House» schwebte, eine heiter-meditative Stimmung. Im 
hinteren Saal dominierten Fischli/Weiss, begleitet von den 
anderen Schweizern, die seit ein paar Jahren von der 
Gruppe junge Kunst besonders gepflegt werden. Mit Über- 
formaten von Martin Disler und Barbara Hee wurde diese 
Accrochage im Zwischengeschoss des Neubaus ergänzt. 
Hier folgte vom 4. November bis zum 7. Januar anläss- 
lich der Verleihung des Kunstpreises der Stadt Zürich an 
Wilfrid Moser eine Werkgruppe dieses Altmeisters des 
Schweizer Informels. Um die grosse, begehbare Skulptur 
«A Midsummer Night’s Dream in Soho» hingen wenige, 
aber hervorragende Gemälde aus allen Schaffensperioden, 
teils als Leihgaben, teils aus der Sammlung des Kunst- 
hauses. Dank dem Beitrag, den Herr Gustav Zumsteg Jähr- 
lich zu Ehren von Frau Hulda Zumsteg beisteuert, konnte 
aus der ‚neuesten Produktion ein eindrückliches Bild 
erworben werden, dessen Titel «Trachila» sich auf den 
Verbannungsort Ovids und den mythopoetischen Roman 
Ransmeiers «Die letzte Welt» bezieht.
	        
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