hat. Es ist vorauszusehen, dass aus diesem Grunde die
Vereinigung Zürcher Kunstfreunde im Jahre 1990 keine
grösseren Ankäufe tätigen kann: die akzentbildende Kraft
des erworbenen Diptychons lässt dies leicht verschmerzen.
Schon seit 1982, als mit Bildern von Kiefer und Penck
mit dem Sammeln von Werken der neuen expressiv-figura-
tiven Kunst begonnen wurde, bestand die Absicht, ein
repräsentatives Gemälde von Baselitz zu erwerben; der im
folgenden Jahre angekaufte frühe «Katzenkopf» von 1967
liess den Wunsch nur um so dringender erscheinen, der
nun durch «Das Atelier» aufs trefflichste erfüllt wurde.
Gleichzeitig konnte die Kunstgesellschaft eine seiner
seltenen monumentalen Skulpturen erstehen; der «Gruss
aus Oslo» tritt als urtümlich-mächtiges und zugleich zartes
Holzidol zu den Gemälden und rundet die zahlenmässig
kleine, aber sehr qualitätvolle Werkgruppe vorzüglich ab.
Aber im gleichen Masse, in dem sich die Bestände
mehren und runden, verringert sich der freier verfügbare
Raum. Dieser beschränkt sich nur mehr auf die beiden hin-
teren Teile der Geschosse B und C des Baus von 1976 und
die an diesen anschliessende Hälfte der Durchgangsgalerie
zum Altbau. Auf diesen kleinen Flächen müssen die figu-
rale Schweizer Kunst nach Amiet und Giovanni Giaco-
metti bis heute und die neuesten Strömungen präsentiert
werden. Um aussagekräftigere Situationen zu erreichen
und den regelmässigen Besuchern der Sammlung interes-
santere Einblicke zu vermitteln, sind vermehrt geschlos-
sene Gruppen gebildet worden, die auch seit langem nicht
mehr gezeigte Bilder ans Licht bringen und nach ein paar
Monaten von einer anderen Accrochage abgelöst werden.
So begleitete ein auf die Schweizer Situation um 1939 bezo-
genes Ensemble von surrealistischen Gemälden mit
Probsts «Schweizertyp» als Kontrapunkt die Dali-Ausstel-
lung und zugleich die «Diamant»-Aktivitäten zur Erinne-
rung an die Mobilmachung. Gegenwärtig finden sich ın
einer zusammen mit Hanny Fries getroffenen Auswahl
malerische Positionen um 1910 einerseits und der
Zwischen- und Nachkriegszeit andrerseits.
Während der Sommermonate wurden die Räume der
Schweizer Kunst vom 16. Jahrhundert bis zu Hodler zugun-
sten der extensiven «Happy Birthday Photography»-Aktivi-
täten geleert — zeitweilig gab es simultan, je nach
Zählung, vier bis sieben Ausstellungen zum Thema. Da
auch die Videoinstallationen Sammlungsräume bean-
spruchten, ergab sich dazwischen eine günstige Möglich-
keit, in den Seitenlichtsälen am Heimplatz eine Auswahl
aus den von der Gruppe junge Kunst der Vereinigung
Zürcher Kunstfreunde gesammelten Werken zu zeigen. Die
beiden Pseudo-Rohbeton-«Megalithen» von Biefer/
Zegraggen, die die Architektur der grossen Halle aufnahmen
und zugleich die laufenden Bauarbeiten kommentierten,
führten in den ersten Raum, in dem mit Richard Long,
Hamish Fulton u.a. Land Art vergegenwärtigt wurde. Der
mittlere Raum erhielt durch die leuchtend blaue Skulptur
von Kapoor, das grüne Blatt von Cragg und Denis Oppen-
heims «Cornered Journey», über dem Ruschas «Angel
House» schwebte, eine heiter-meditative Stimmung. Im
hinteren Saal dominierten Fischli/Weiss, begleitet von den
anderen Schweizern, die seit ein paar Jahren von der
Gruppe junge Kunst besonders gepflegt werden. Mit Über-
formaten von Martin Disler und Barbara Hee wurde diese
Accrochage im Zwischengeschoss des Neubaus ergänzt.
Hier folgte vom 4. November bis zum 7. Januar anläss-
lich der Verleihung des Kunstpreises der Stadt Zürich an
Wilfrid Moser eine Werkgruppe dieses Altmeisters des
Schweizer Informels. Um die grosse, begehbare Skulptur
«A Midsummer Night’s Dream in Soho» hingen wenige,
aber hervorragende Gemälde aus allen Schaffensperioden,
teils als Leihgaben, teils aus der Sammlung des Kunst-
hauses. Dank dem Beitrag, den Herr Gustav Zumsteg Jähr-
lich zu Ehren von Frau Hulda Zumsteg beisteuert, konnte
aus der ‚neuesten Produktion ein eindrückliches Bild
erworben werden, dessen Titel «Trachila» sich auf den
Verbannungsort Ovids und den mythopoetischen Roman
Ransmeiers «Die letzte Welt» bezieht.