Full text: Jahresbericht 1990 (1990)

RESTAURIERUNG 
Während die Tätigkeiten in anderen Arbeitsbereichen zu 
mehr oder weniger sichtbaren Resultaten führen, zielen 
unsere Bemühungen gerade darauf hin, keine Spuren zu 
hinterlassen, und wo die Unbilden der vergehenden Zeit 
die Werke des Künstlers gezeichnet haben, suchen wir dies 
dergestalt zu vermindern, dass sie wie unberührt er 
scheinen. So können wir nur auf die Liste der ausgeführten 
Arbeiten und die Arbeitsdokumentation hinweisen. 
Im folgenden seien einzelne dieser Massnahmen 
beschrieben. 1985 wurde für die Ausleihung nach Basel das 
zweiteilige Gemälde «Seerosen im Abendlicht» von Claude 
Monet verschiedener Konservierungsarbeiten unterzogen, 
die sich in der Zwischenzeit bewährt haben. So konnten wir 
bereits mit erprobten Mitteln an das andere, auf eine 
doppelt so grosse Leinwand gemalte Seerosen-Gemälde 
herangehen. Betrachtet man es von vorn, begeistert es den 
Restaurator durch seinen wunderbar unberührten Zustand. 
Erst beim Entfernen der Rahmenleisten stellt man an den 
Rändern fest, dass die verrosteten Paschnägel die Leinwand 
zerfressen haben und diese einzureissen droht. Zur Stabili- 
sierung genügte es, den schadhaften Bereich mit kleinen 
neuen Leinwandstücken zu doublieren und den Keil- 
rahmen ruhigzustellen. So gross der Aufwand war, nichts 
davon ist auf der Bildseite zu sehen. 
Ein Besucher namens «Kurt» hatte sich auf dem Bild 
«Parting of Waters» von Morris Louis mit einem Bleistift zu 
verewigen versucht. In diesem Falle zielte unser Bemühen 
auf die restlose Tilgung der unliebsamen Inschrift — so 
rasch und gedankenlos sie auf das rohe Baumwollgewebe 
kam, so zeitraubend und schwierig gestaltete sich ihre 
Entfernung. 
Hodlers «Hellebardier von vorn» erlitt einen 52cm 
langen Riss in der Leinwand. Trotz des feinen Bettuches, 
das der Künstler verwendet hat. liess sich der Riss leidlich 
gut mit Polyamid verschweissen. Hingegen war es schlech- 
terdings unmöglich, eine so grosse Rissformation auf 
monochromem Grund völlig unsichtbar zu retouchieren. 
Zudem werden erst die Jahre zeigen, wie sich eine so gravie- 
rende Beschädigung und Retouche auf dieser Art von 
Malerei halten wird. 1962 wurde der «Silvaplanersee» von 
Hodler restauriert; seither verfärbten sich die Retouchen 
und traten in dem flächig gemalten Himmel immer 
störender in Erscheinung. Nun mussten diese Ausbesse- 
rungen reduziert und nachgeführt werden, damit der 
Himmel seine gleichmässige Flächigkeit wieder erlangte, 
um die vom Künstler beabsichtigte Wirkung wieder zu 
erreichen. 
Bei einem Gemälde haben wir mehr Fläche gewinnen 
können. Aus unersichtlichem Grund war der obere Rand 
des Bildes «Waldbach mit Angler» von Frank Buchser um 
1 cm nach hinten umgeschlagen. Durch das Ansetzen des 
Keilrahmens und das partielle Doublieren des Randes 
konnte das Bild auf seine ursprünglichen Ausmasse 
gebracht und ihm seine freiere und grosszügigere Räum- 
lichkeit zurückgegeben werden. 
Von den Ausstellungen belastete diejenige Giovanni 
Segantinis das Restaurierungsatelier am stärksten, da viele 
Werke aus Privatbesitz und aus kleineren Museen 
stammten, die keine kontinuierliche restauratorische 
Betreuung haben. Nicht nur bei den Gemälden, sondern 
auch bei den Zeichnungen und Pastellen musste Verschie- 
denes verbessert werden und die Montagen mussten 
erneuert werden. Unsere Mitarbeiterin Jean Rosston führte 
diese zum Teil aufwendigen Arbeiten sehr sorgfältig und 
fachgerecht aus. 
Seminar mit Prof. Richard Wölbers 
Neue Methoden der Gemäldereinigung 
Diesen Sommer hatten wir die Möglichkeit, ein interes- 
santes Weiterbildungsseminar über neue Methoden deı 
Gemäldereinigung durchzuführen. Dank der grosszügigen 
Unterstützung durch das Nationale Forschungsprogramm 
NFP 16 (Kulturgütererhaltung) und das Kunsthaus gelang 
es uns, Prof. Richard Wolbers, Biochemiker und Restau- 
trator an der University of Delaware, Art Conservation Pro-
	        
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