Full text: Jahresbericht 1990 (1990)

VORWORT DES PRÄSIDENTEN 
Es war ein Jahr der hoffnungsvollen Ansätze, aber auch 
manch herber Enttäuschung. 
Zu den positiven Seiten gehörte aus meiner Sicht die 
Entwicklung der Sammlung. Hier zeichnet sich die Schaf- 
fung eines neuen Schwerpunktes ab mit einer bedeutenden 
Werkgruppe von Georg Baselitz, der zweifellos zu den 
ausdrucksstärksten Malern unserer Zeit zu rechnen ist. 
Damit erhält die Sammlung ein neues Zentrum, das die 
Kunst der achtziger Jahre reflektiert und die Entwicklungs- 
linien in den Darstellungsmöglichkeiten eines expressiv 
überhöhten Menschenbildes (in unserer Sammlung seit 
Füssli vorbildlich vertreten) in die unmittelbare Gegenwart 
weiterführt. Dass der Sammlung auch in diesem Jahr 
höchst willkommene Schenkungen zugekommen sind, 
gehört gleichermassen zu den erfreulichen Aspekten. 
Erstmals wurde das Kunsthaus in grösserem Masse aktiv 
im Werben um Sponsorenbeiträge zugunsten des Aussstel- 
lungswesens mit dem Resultat, dass die CS-Holding die 
Segantini-Retrospektive mit einem namhaften Betrag 
unterstützt hat, der auch an dieser Stelle nochmals herzlich 
verdankt sei. 
Zu einer zwar noch leisen, aber vielleicht doch berech- 
tigten Hoffnung Anlass gibt die Entwicklung der Sanie- 
rung und Erweiterung des Kunsthauses. Nachdem zu 
Beginn des Jahres eine das Projekt längere Zeit lähmende 
Kontroverse innerhalb der Stadtrates überwunden werden 
konnte, stand der Unterzeichnung eines Zusammenar- 
beitsvertrages zwischen der Stadt Zürich, der Stiftung 
Zürcher Kunsthaus (der Liegenschaftseigentümerin) und 
der Kunstgesellschaft nichts mehr im Wege; dieser Vertrag 
bildet die rechtliche Grundlage dafür, dass die Stadt 
Zürich, bzw. das Bauamt II, als Bauherrin auftreten kann. 
Die im letzten Jahresbericht erwähnte, unter der Leitung 
von Frau Stadträtin Koch bereits 1988 ausgeschriebene 
Projektstudie konnte abschliessend beurteilt werden. Am 
geeignetsten erwiesen sich die Vorschläge des Zürcher 
Architekten Willy Egli; erwurde mit der Weiterbearbeitung 
des Projektes — unter Berücksichtigung der Ausführungen 
der Kantonalen Denkmalpflegekommission sowie der 
Anträge des Kunsthauses — beauftragt. Gegen Ende des 
Jahres hat der Stadtrat eine Prioritätenliste der in näherer 
Zukunft zu realisierenden Bauaufgaben der Stadt Zürich 
verabschiedet; gemäss dieser Zusammenstellung sollten, 
wenn Planung und politische Meinungsbildung (inklusive 
Volksabstimmung) programmgemäss vorangetrieben 
werden können, 1994 mit den Bauarbeiten begonnen 
werden können. Es bleibt natürlich die Hoffnung, dass die 
finanzielle Lage der Stadt diese Terminplanung nicht 
verzögert; die Budgetdebatte, die zu Beginn des Jahres 1991 
im Gemeinderat durchexerziert worden ist, erweckt aller- 
dings keine ungetrübten Erwartungen. 
Als vorgezogene Massnahme wurde im Herbst mit der 
Sanierung der Oberlichter im 2. Obergeschoss des Kunst- 
haus-Altbaus begonnen. Diese Sanierungsarbeiten, die vor 
allem den unhaltbaren klimatischen Verhältnissen in 
unseren Sammlungsräumen entgegenwirken, sollen im 
Sommer 1991 abgeschlossen werden; sie stellen aber nur 
einen weiteren Schritt zur Lösung der Probleme dar, die 
sich im Laufe der Jahrzehnte angestaut haben. Nach wie 
vor ungelöst ist die Frage, ob auch in den Oberlichtsälen 
des 1. Obergeschosses dieselben Vorkehrungen getroffen 
werden können. Sollten aus Mangel an verfügbaren Mitteln 
diese Arbeiten verzögert werden, so ist mit gravierenden 
Klimaschäden in bezug auf Kunstwerke wie auch Gebäude- 
substanz zu rechnen. Auch in dieser Beziehung ist demzu- 
folge ein möglichst frühzeitiger Beginn der oben erwähnten 
generellen Sanierung und Erweiterung sehr zu wünschen.
	        
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