VORWORT DES PRÄSIDENTEN
Es war ein Jahr der hoffnungsvollen Ansätze, aber auch
manch herber Enttäuschung.
Zu den positiven Seiten gehörte aus meiner Sicht die
Entwicklung der Sammlung. Hier zeichnet sich die Schaf-
fung eines neuen Schwerpunktes ab mit einer bedeutenden
Werkgruppe von Georg Baselitz, der zweifellos zu den
ausdrucksstärksten Malern unserer Zeit zu rechnen ist.
Damit erhält die Sammlung ein neues Zentrum, das die
Kunst der achtziger Jahre reflektiert und die Entwicklungs-
linien in den Darstellungsmöglichkeiten eines expressiv
überhöhten Menschenbildes (in unserer Sammlung seit
Füssli vorbildlich vertreten) in die unmittelbare Gegenwart
weiterführt. Dass der Sammlung auch in diesem Jahr
höchst willkommene Schenkungen zugekommen sind,
gehört gleichermassen zu den erfreulichen Aspekten.
Erstmals wurde das Kunsthaus in grösserem Masse aktiv
im Werben um Sponsorenbeiträge zugunsten des Aussstel-
lungswesens mit dem Resultat, dass die CS-Holding die
Segantini-Retrospektive mit einem namhaften Betrag
unterstützt hat, der auch an dieser Stelle nochmals herzlich
verdankt sei.
Zu einer zwar noch leisen, aber vielleicht doch berech-
tigten Hoffnung Anlass gibt die Entwicklung der Sanie-
rung und Erweiterung des Kunsthauses. Nachdem zu
Beginn des Jahres eine das Projekt längere Zeit lähmende
Kontroverse innerhalb der Stadtrates überwunden werden
konnte, stand der Unterzeichnung eines Zusammenar-
beitsvertrages zwischen der Stadt Zürich, der Stiftung
Zürcher Kunsthaus (der Liegenschaftseigentümerin) und
der Kunstgesellschaft nichts mehr im Wege; dieser Vertrag
bildet die rechtliche Grundlage dafür, dass die Stadt
Zürich, bzw. das Bauamt II, als Bauherrin auftreten kann.
Die im letzten Jahresbericht erwähnte, unter der Leitung
von Frau Stadträtin Koch bereits 1988 ausgeschriebene
Projektstudie konnte abschliessend beurteilt werden. Am
geeignetsten erwiesen sich die Vorschläge des Zürcher
Architekten Willy Egli; erwurde mit der Weiterbearbeitung
des Projektes — unter Berücksichtigung der Ausführungen
der Kantonalen Denkmalpflegekommission sowie der
Anträge des Kunsthauses — beauftragt. Gegen Ende des
Jahres hat der Stadtrat eine Prioritätenliste der in näherer
Zukunft zu realisierenden Bauaufgaben der Stadt Zürich
verabschiedet; gemäss dieser Zusammenstellung sollten,
wenn Planung und politische Meinungsbildung (inklusive
Volksabstimmung) programmgemäss vorangetrieben
werden können, 1994 mit den Bauarbeiten begonnen
werden können. Es bleibt natürlich die Hoffnung, dass die
finanzielle Lage der Stadt diese Terminplanung nicht
verzögert; die Budgetdebatte, die zu Beginn des Jahres 1991
im Gemeinderat durchexerziert worden ist, erweckt aller-
dings keine ungetrübten Erwartungen.
Als vorgezogene Massnahme wurde im Herbst mit der
Sanierung der Oberlichter im 2. Obergeschoss des Kunst-
haus-Altbaus begonnen. Diese Sanierungsarbeiten, die vor
allem den unhaltbaren klimatischen Verhältnissen in
unseren Sammlungsräumen entgegenwirken, sollen im
Sommer 1991 abgeschlossen werden; sie stellen aber nur
einen weiteren Schritt zur Lösung der Probleme dar, die
sich im Laufe der Jahrzehnte angestaut haben. Nach wie
vor ungelöst ist die Frage, ob auch in den Oberlichtsälen
des 1. Obergeschosses dieselben Vorkehrungen getroffen
werden können. Sollten aus Mangel an verfügbaren Mitteln
diese Arbeiten verzögert werden, so ist mit gravierenden
Klimaschäden in bezug auf Kunstwerke wie auch Gebäude-
substanz zu rechnen. Auch in dieser Beziehung ist demzu-
folge ein möglichst frühzeitiger Beginn der oben erwähnten
generellen Sanierung und Erweiterung sehr zu wünschen.