schaft, das kulturelle Erbe der Stadt zu mehren und
fruchtbar werden zu lassen, indem sie die kostbare Altar-
:afel des jüngeren Hans Leu dem Kunsthaus schenkte. Das
seit Generationen im Ausland verschollene Werk ermög-
licht es nun erstmals, die hohe Qualität zu erkennen, die
der bedeutendste Zürcher Maler der Renaissance in seinen
anspruchsvollen Aufträgen erreichte.
Aus den Geschenken, die die Kunstgesellschaft im
Berichtsjahr entgegennehmen durfte, ragen zwei Werke
von Manet und Kokoschka hervor. «Espagnole» gehört zu
den seltenen, wunderbar freien Pastellen aus Manets
letzten Jahren; wir möchten der Familie von Walther und
Leni Hanhart-Wolfensberger, die mit diesem faszinie-
renden Werk eine kaum zu vergessende Erinnerung an ihre
Eltern stiftete, auch hier unseren grossen Dank
ausdrücken. Herr und Frau von Wyss-Ehinger vermachten
dem Kunsthaus ein Gouache-Gemälde von Rouault und
die 1947 aus der Zürcher Kokoschka-Ausstellung erwor-
benen «Weinberge bei Sion». Aus der gleichen Serie kam
damals die mächtige Montana-Landschaft in die Samm-
lung, neben der das allzu ähnliche, aber kleinere Bild nicht
zur angemessenen Wirkung gelangen kann. Sicher im
Sinne von Herrn und Frau Wyss und in Absprache mit den
Erben, die dem altvertrauten Gemälde besonders zugetan
sind, übernahm ein Familienmitglied das Bild zu einem
marktüblichen Preise und ermöglichte so die Erwerbung
des schon länger gewünschten, bedeutenden Spätwerkes
«Die Macht der Musik II». Damit ist nun auch die letzte,
ungemein farbige und intensive Phase von Kokoschkas
Schaffen, die bereits auf den neuen expressiven Aufbruch
der achtziger Jahre vorausweist, hervorragend vertreten.
Der durch die Vermittlung von Frau Olda Kokoschka
besonders günstige Preis des Bildes ermöglichte es über-
dies, 150 000 Franken dem Sammlungsfonds I zuzuweisen.
Zwei weitere Legate erhielt das Kunsthaus von Frau
Dr. Marguerite Meyer-Mahler, die eine künstlerisch sehr
feine, auf silbrige Grau- und Blautöne gestimmte
Bodensee-Landschaft von Adolf Dietrich vermachte, und
von Frau Lucia Moholy, die dem Museum als besonders
aufmerksame und regelmässige Besucherin viele Jahre eng
verbunden war. Aus den wenigen, ihr verbliebenen
Gemälden ihres Mannes wählte sie das stattlichste, das als
linear perspektivisch aufgebautes Spätwerk das flächig und
farbräumlich konzipierte frühe Bild im Kunsthaus vorzüg-
lich ergänzt. Im Rahmen der kleinen Accrochage, die das
Kunsthaus Herrn Roman Clemens zum achtzigsten
Geburtstag ausrichtete, überliess er der Sammlung das
zrosse Gemälde «La Balance».
Die Aktivitäten im Sammlungsbereich waren von den
Jubiläen zweier wichtiger Stiftungen geprägt. Im Sommer
konnte die Gottfried Keller-Stiftung auf ihre hundertjäh-
rige Existenz zurückblicken. Die Festveranstaltung im
Landesmuseum hat den Niedergang dieser einst bedeu-
:enden Institution, die die Funktion einer Nationalstiftung
wahrnehmen sollte, eher besiegelt als aufgehalten. Als
Ergänzung der im Parterre gezeigten Ausstellung «Ein
bescheidenes Kunstreischen» wurde ein repräsentativer
Querschnitt durch die im Kunsthaus verwahrten Deposita
der Stiftung zusammengestellt. Wie bei Gottfried Keller
fällt bei Alberto Giacometti das Todesdatum mit dem
Gründungstag der Stiftung nahe zusammen; deren
25.Wiederkehr wurde mit der Ausstellung «La Mamma a
Stampa — Annetta gesehen von Giovanni und Alberto
Giacometti» und einer neuen Fassung des Sammlungskata-
loges markiert. Wie ungebrochen gegenwärtig Giacometti
auch als beispielhafte Künstlerpersönlichkeit ist,
bezeugten die über 500 Menschen, die sich am Todestag
zum Film von Ernst Scheidegger einfanden.
Die Leihgaben an andere Museen nahmen erneut zu; sie
beanspruchen die Arbeitszeit unseres Registrars zum
grossen Teil; ebenso werden der technische Dienst und die
Restauratoren durch diese Passiv-Seite unserer eigenen
Ausstellungs-Tätigkeit stark belastet. An 76 Veranstal-
tungen wurden 490 Objekte ausgeliehen; die Ausstellung
der Matisse-Skulpturen in Bern und die Eröffnungsaus-
stellung des Kunsthauses Zug wurden zu einem beträcht-
lichen Teil von uns gespiesen, ebenso die Doppelschau
Füssli/Sergel im Nationalmuseum Stockholm, zu der
9 Gemälde und 41 Zeichnungen reisten. Die Graphische
Sammlung lieferte, z. T. ergänzt mit einzelnen Skulpturen
oder Bildern, komplette Ausstellungen nach Ittingen
(Goya), Locarno (Auberjonois), Bonn und Frankfurt
(Giacometti). Mit nicht weniger als sechs Gemälden, von
denen vier auch in der Sammlung leider nur Leihgaben
sind, beteiligte sich das Kunsthaus an der Amsterdamer
Van Gogh-Jubiläumsausstellung.