Kunststoffarben, auf verschiedenen Bildträgern, wie Lein-
wand, Fiberglas, Wachspapier, Holz oder Metall. Er
erforscht die Zusammenhänge zwischen dem Bild und
seiner Aufhängung, die Wechselwirkung von Bild und
Wand, die Probleme der Bildbegrenzung und vor allem die
Art des Farbauftrags, der eigentlichen «Peinture». «Es geht
nie darum, was man malt, sondern immer nur, wie man
malt. Das ‘Wie’ des Malens hat seit jeher das Bild — das
Ergebnis —ausgemacht» (Robert Ryman).? Die formale und
farbliche Beschränkung hindert Ryman nicht daran, einen
vielfältigen Reichtum innerhalb seiner Bilder zu entfalten.
Das lässt sich allein schon im Vergleich der beiden Werke
des Kunsthauses ermessen, deren Titel im übrigen, wie
meist bei Ryman, nicht in Beziehung zu dem Bild stehen,
sondern nur die Unterscheidung erleichtern. Dem eben-
mässig glatten und kaum strukturierten Auftrag der Ölfarbe
auf dem Bildträger Fiberglas in «Counter»» von 1983, in
dem jegliche Pinselspur verschwindet, steht in «Cor-
respondent» von 1989 eine reichbewegte Reliefstruktur
von mehrfach übereinandergelegten, pastosen Farbbahnen
gegenüber, in denen der Malgestus in den sichtbaren
Pinselspuren ablesbar ist. Lässt man sich auf das Bild ein, so
spürt man, dass die auf den ersten Blick unregelmässig
erscheinende Struktur von einem schwingenden, wellen-
förmigen Rhythmus bestimmt wird, der über die gesamte
Fläche durchgehalten ist und sie aktiviert. Einer nach
unten geschwungenen Kurve antwortet — etwas versetzt —
ein ähnlicher, nach oben gewölbter Bogen, einem schräg
nach oben weisenden Zug entspricht eine diagonal
absteigende Spur. So folgen sich Zug und Gegenzug,
Schwung und Gegenschwung in tänzerischer Bewegung,
die sich unmittelbar auf den Betrachter überträgt, vor
allem auch dadurch, dass er durch die monumentalen
Ausmasse (330x320 cm) beinahe körperlich in das Bild
hineingezogen wird. Dabei kommt einem in den Sinn,
dass Robert Ryman nach Beendigung seiner Militärzeit
1952 als Jazzmusiker nach New York ging, ihm der musi-
kalische Rhythmus also im Blut liegt.
Die Ölfarbe ist so dickflüssig aufgetragen, dass sie sich
an den Rändern der Farbbahnen in Wülsten und Graten
hochstülpt und an den Noppen der Leinwand in Knötchen
hängenbleibt. Darübergelegte Pinselstriche haben die
Farbe, wenn sie nicht ganz trocken war, mitgerissen, so dass
die Grate häufig abgeflacht und weich erscheinen, im
Gegensatz zu früheren Bildern, in denen Ryman solche
Grate oft scharf stehengelassen hat. An anderen Stellen
bleibt die darunterliegende Pinselspur gut sichtbar, da die
Farbe vor dem Auftragen der neuen Schichten ganz
getrocknet war. Die vielfältig strukturierte Oberfläche
erhält zusätzliche Lebendigkeit durch das Nebeneinander
von dunkleren, matten und helleren glänzenden Lagen, die
ins Auge fallen, wenn man das Bild mehr von der Seite
betrachtet, was Ryman sehr wichtig ist. Dieser Unterschied
in der Wirkung hängt jedoch nur vom Lichteinfall und
vom Blickwinkel des Betrachters ab: je nachdem ob das
Licht quer zum Pinselstrich einfällt oder in seiner Verlaufs-
richtung, ob es auf Farbwülste oder Farbtäler trifft,
erscheinen die Farben matter oder glänzender, obwohl das
ganze Bild in derselben weissen Ölfarbe aufgebaut ist.“ Die
Veränderbarkeit der Bildmaterie durch das Licht ist sicher
ein wichtiger Grund für Rymans Bevorzugung der Farbe
Weiss vor allen anderen Farben. Das Weiss interessiert ihn
nicht in seiner symbolischen oder metaphysischen Bedeu-
tung wie etwa Malewitch, der mit seinem «Weissen Quadrat
auf Weiss» die «reine Gegenstandslosigkeit» demonstriert
und mit dieser äussersten Reduktion die Malerei an einen
«Nullpunkt» geführt hatte. Ryman meint im Gegenteil:
«Ich sehe mich nicht als jemand, der weisse Bilder macht,
ich mache Bilder; ich bin ein Maler. Weisse Farbe ist mein
Medium.» Und an anderer Stelle: «Ich benutze Weiss, weıl
es neutral ist — es ist eine Farbe, die erlaubt, dass andere
Dinge in dem Werk hervortreten. Die Oberfläche, die
subtilen Farben der Oberfläche, die Textur, die Malerei
als Ganzes.» Die Einfarbigkeit bildet die Voraussetzung
dafür, dass sich das Licht durch die Strukturen artikulieren
kann, und das Weiss ist die Farbe, die das Licht am besten
reflektiert. Immer wieder spricht Ryman von der Licht-
reflektion und der Lichtabsorption. «Ein Bild von miı
besteht aus der bemalten Oberfläche und der Kompo-
sition, der Lichtreflektion und der Lichtabsorption, den
Rändern und der Struktur des Bildes selbst, sei es Leinwand
oder Plastik... und dann der sichtbaren Komposition der
Aufhänger...»7 Die Farbe ist bei Ryman von allen Ab-
bildungszwängen befreit, aber auch von der Fessel,
Ausdruckswerte übermitteln zu müssen, wie im Abstrakten
Expressionismus, von dem er sich in seinen malerischen