Full text: Jahresbericht 1991 (1991)

Thomas Zindel/Gaudenz Signorell/ Markus Casanova 
Drei junge Bündner Künstler in drei Räumen: ein Maler 
und Zeichner, ein Photoexperimentator, ein eher «traditio- 
neller» Bildhauer. Thomas Zindel zeigte aus einem 
riesigen, Georg Büchners «Lenz»-Erzählung gewidmeten 
Werkzyklus lediglich die allerletzten Stufen. Fahle, zarte 
Landschaften, in einer abstrakt-expressiven Bildsprache als 
solche nur noch erahnbar, erzählten in einer sparsamen 
Verteilung von der (Welt-)Unsicherheit des Protagonisten 
wie des Künstlers. Auch die grossformatigen, zu Serien 
gebündelten, in Paris entstandenen photographischen 
«Abtastungen» von Gaudenz Signorell zeigten die Schwie- 
rigkeiten der visuellen Wahrnehmung auf, die Definition 
eines Ortes, des Standortes des heutigen Künstlers in ganz 
wörtlichem Sinn. Und wenn Markus Casanova die «taille 
directe» des Steinbildhauers so direkt nimmt, dass er das 
Menschenbild aus Kalkstein schlägt, spitzt und bricht, 
fügte er sich als Jüngster ebenso in das beschriebene Klima 
ein, das ja nicht nur für Bündner oder Schweizer Künstler 
gilt. Kaum erstaunlich, dass die drei eher stillen Wahr- 
nehmungsübungen wenig Reaktionen auslösten. GM 
John Cage - Partituren, Graphik, Zeichnungen, Aquarelle 
Im Rahmen der Internationalen Junifestwochen Zürich, 
die dem irischen Dichter James Joyce und dem bislang hierzu- 
lande fast ausschliesslich als Komponisten bekannten 
Amerikaner John Cage gewidmet waren, legte die Ausstel- 
lung den Akzent auf das bildkünstlerische Schaffen des 
Pioniers zeitgenössischer Musik: mit 20 Originalmanu- 
skripten auf die visuelle Gestaltung seiner Partituren seit 
den dreissiger Jahren und auf das zeichnerische und maleri- 
sche Werk, das seit den frühen siebziger Jahren eine zuneh- 
mend wichtigere Stelle in der Arbeit des Künstlers 
einnimmt. 
John Cage nahm verschiedenste Einflüsse der Alten und 
der Neuen Welt auf und verlieh der Musik —mit «Hilfe» der 
Aleatorik — wie auch der bildenden Kunst — ursprünglich 
im Happening — neue Impulse. Unter dem Einfluss seines 
Zenmeisters Daisetz T. Suzuki überführte er das Zählen 
von Tönen und Rhythmen vom seriellen Denken durch 
Zufallsoperationen nach dem taoistischen Orakelbuch 
«I-Ging» seit 1950 in aleatorische Anordnungen. Diese 
prägten in der Ausstellung nicht nur die früheren Partituren 
—so bei dem «Solo for Piano» (1957-1958), das sich wie eine 
Leitlinie als Fries den Wänden des ersten Raumes entlang 
ausbreitete —, sondern auch die erst Anfang der siebziger 
Jahre einsetzenden Arbeiten im Bereich der Druckgraphik, 
der Zeichnung und des Aquarells. Die einen Felsengarten 
in Kyoto paraphrasierenden «Where R= Ryoanji»-Zeich- 
nungen leiteten thematisch zu den teils sehr grossforma- 
tigen «New River Watercolors» über, die immer wieder die 
vier Elemente thematisieren — in einer ruhigen, poetisch 
wie transparent erscheinenden Art, die sich offensichtlich 
auch den Betrachtern vermittelte. 
Verschiedene Kompositionen von John Cage, die in den 
Ausstellungsräumen zur Aufführung gebracht wurden, 
ergänzten das optische Erlebnis. Ein ausführliches Video- 
programm bot zusätzliche Informationen zur Biographie 
des Künstlers und seinen Werken. TS 
AUSSTELLUNGEN IN DER SAMMLUNG 
Kunstszene 
Die Zürcher Kunstszene 1991/92 wurde in einem ersten 
Teil über den ganzen Kanton verteilt und als zweites 
Novum von den Künstlern selbst organisiert. Im Kunst- 
haus Zürich wurden unter dem Titel «Der madiatisierte Blick» 
Installationen, die vorwiegend mit neuen Medien arbei- 
teten, in den Räumen 13-6 im ersten Obergeschoss des 
Altbaus eingerichtet. Sie stammten der Reihe nach von 
Teres Wydler, Robert Fischer, Peter Volkart, Felix Brunner, 
Yegya Arman und Christine Hunold sowie von Martin 
Schwarz, dessen Buchobjekte eine ironische Distanz 
zu TV, Video und Diaprojektionen formulierten. 
Im Kleinen Vortragssaal fanden zudem Videovorfüh- 
rungen mit aktuellen Bändern statt. Die «Kunstszene der 
Künstler» stiess insgesamt auf viel Goodwill und ein posi- 
tives Echo. GM
	        
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