AUSSTELLUNGEN
Walter de Maria
«The 2000 Sculbture»
Der Wunschtraum des «Musee mis ä nu» zieht sich wie ein
roter Faden durch die grossen Einzelausstellungen zeitge-
nössischer Künstler, die unsern grossen Saal im Reinzu-
stand als Raum für ihre Präsentation einsetzen. Nach
Mario Merz, Richard Serra nun der 1935 in Kalifornien
geborene, seit 1960 in New York lebende Walter De Maria,
Schöpfer des «Erdraums», des «Erdkilometers», des «Light-
ning Fields» in der Wüste Neu-Mexiko.
Nach zehn Jahren Vorbereitungszeit konnte diese
grösste Bodenskulptur, das skulpturale Feld «The 2000
Sculpture» installiert, die 2000 Einzelskulpturen über
500 m? (10 x 50 m) ausgelegt werden. Sichtbar war das Opus
nur bei Tageslicht durch die freigelegten Oberlichter vom
Morgen bis zum Einbruch der Dämmerung. Licht und
Ausdehnung bewirkten, dass die Skulptur beim Betreten
des Saals als Ganzes wahrgenommen wurde, als kompaktes
weisses Feld. Erst beim Nähertreten und Umwandern
konnte das schwebende Weiss, erzeugt durch die warme
Helligkeit des verwendeten Materials Gips in seinen
Bestandteilen erfahren werden. Die Lektüre zeitigte ein
formales Grundraster von zwei Elementen gleichen Typs in
diagonaler Ausrichtung auf eine sich in der Perspektive ver-
lierende Mitte hin, ein numerisches System durch den
Wechsel der drei Grundelemente, fünf-, sieben- und neun-
seitigen Barren oder Stäben von je 50 cm Länge und 12 cm
Höhe. Der vom Künstler gewählte Rhythmus —-5/7/9/7/5/
7/9/7/5 — ist steigend-fallend-steigend-fallend. Dieses
System und seine scheinbare Durchschaubarkeit lösten
sich bei jedem Schritt in Licht- und Bewegungsschübe auf,
suggerierte stets neue Deutungen und Korrespondenzen —
zu Musik, zu Architektur, zu Wissenschaft, zu Poesie.
Das für eine zeitgenössische Ausstellung erstaunlich gut
besuchte Ereignis sah die Betrachter auf dieses stahlend-
verhaltene Kraftfeld' mit Erstaunen, Neugierde, ja mit
Andacht eingehen. «Energie des Unendlichen», «Sinfonie
in Weiss», «Eine Bodenskulptur voller Musik», «Diffuse
Lichtfülle — Reichtum in der Stille», «Eine Partitur von
Licht und Reinheit», «Hochspannung im Kunsthaus»,
«Sintflut der Stille», «Göttliche Signalsprache», «Helligkeit
und Transparenz» kündeten die Titel der Ausstellungsbe-
sprechungen dieser Weltpremiere. HSz
Bilderwelt Brasilien
Zum ersten Mal überhaupt erlebte Brasilien innerhalb der
Zürcher Junifestwochen, die dem Thema «Brasilen: End-
teckung und Selbstentdeckung» (Konzept Hugo
Loetscher) als Beitrag zum Jubiläumsjahr der Entdeckung
Amerikas 1492 gewidmet waren, mit der Kunsthaus-
Ausstellung eine Gesamtdarstellung der Entwicklung
seiner Bildenden Künste. Dem Untertitel entsprechend,
zeigte die erste Abteilung «Die europäische Erkundung
eines ‚irdischen Paradieses‘» jene Bilderwelt, welche die
nortugiesischen, holländischen, französischen und deut-
schen Kolonisatoren, Abenteurer und Wissenschaftler von
der Entdeckung im Jahre 1500 bis zur Mitte des 19. Jahr-
hunderts formulierten und weitgehend als Traum vom
unberührten, exotischen Paradies in Europa bekannt
machten. Während der portugiesische Bildbeitrag im
Gegensatz zur Architektur schmal ausfiel, führte die kurze
Regentschaft Moritz von Nassaus im Nordosten zu einer
ersten kulturellen Blüte. Insbesondere in der Nachfolge
Humboldts machten sich Franzosen und Deutsche zu
beschwerlichen Expeditionen auch ins Landesinnere und
zu den Indianern auf, bevor in Rio de Janeiro die erste
Akademie gegründet wurde und der Tourismus Einzug
alelt. Neben den naturwissenschaftlichen Werken, frühen
Reiseberichten und Karten, welche alle in Erstausgaben
vorlagen, zeigten die Landschaften von Frans Post und die
Bildteppiche von Albert Eckhout das europäische Interesse
am «üppigen Fremden», während etwa die «Viagem filoso-
fica» oder ebenso die naiven Aquarelle des Prinzen Maxi-
milian zu Wied eigentliche Novitäten waren, welche die
Entdeckerfreude anregten, oder De Mirandas Expedition