Full text: Jahresbericht 1992 (1992)

VORWORT DES PRÄSIDENTEN 
Liebe Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft 
Sehr geehrte Damen und Herren 
Es war ein Jahr mit viel Licht und viel Schatten. 
Düster sah die Betriebsrechnung aus, bevor sich in den 
etzten Monaten dank des Erfolges der Klimt-Ausstellung 
sine höchst erwünschte Entspannung einstellte. Eine Ent- 
spannung, die beinahe vergessen lässt, wie schwierig die 
Situation zuvor gewesen ist, haben doch die enttäu- 
schenden Besucherzahlen der Brasilien-Ausstellung ein 
arges Loch in die bereits zu Beginn des Jahres schwierige 
Ainanzsituation gerissen. Die für das Kunsthaus Verant- 
wortlichen sind sich bewusst, dass, in Anbetracht der 
angespannten Lage des öffentlichen Haushaltes auf allen 
Ebenen, eine weitergehende finanzielle Unterstützung 
durch die öffentliche Hand zur Zeit nicht in Frage kommt. 
Mit um so grösserer Erleichterung ist deshalb das 
Ergebnis der Klimt-Ausstellung aufzunehmen, das nicht 
aur einen ausgeglichenen Jahresabschluss, sondern auch 
eine gewisse Reservebildung ermöglicht hat. Dass der Aus- 
gleichsfonds im Berichtsjahr von rund Fr. 150 000.— auf 
gegen Fr. 700 000.— erhöht werden konnte, bietet eine 
erwünschte Sicherheit für die Aktivitäten der kommenden 
Jahre. 
Die sehr unterschiedliche Rezeption der im Berichts- 
jahr durchgeführten Ausstellungen durch das Publikum 
spiegelt indessen nicht unbedingt deren künstlerische 
Qualität. Die Installation der «2000 Sculpture» von Walter 
de Maria hat unseren Ausstellungssaal im wörtlichen wie 
übertragenen Sinne in einem neuen, strahlenden Licht 
gezeigt. Ein sichtlich beeindrucktes Publikum hat dieses 
Werk in erstaunlich grosser Zahl auf sich wirken lassen. 
Demgegenüber muss leider festgestellt werden, dass unsere 
Besucher offensichtlich wenig Lust verspüren, sich mit kul- 
turellen Situationen, die am Rande unserer abendländi- 
schen Entwicklung liegen, auseinanderzusetzen. Dabei 
wäre es gerade im Falle der Brasilien-Ausstellung von beson- 
derem Reiz gewesen, die Interaktionen zwischen Euro- 
päischem und fremdartig Exotischem aufzuspüren. Die 
Publikumsreaktionen zu interpretieren ist nicht immer ein- 
fach: genau so wenig wie letztlich das Desinteresse an der 
Brasilien-Ausstellung erklärt werden kann, ist der überwäl- 
gende Erfolg der Klimt-Ausstellung zu deuten. Dazu hat 
zweifellos beigetragen, dass diese Ausstellung nicht nur von 
der finanziellen Unterstützung durch die Schweizerische 
Kreditanstalt profitiert hat, sondern ebenso sehr durch die 
flankierenden Massnahmen unseres Hauptsponsors 
“Schaufensterausstellung am Paradeplatz, Versand von Pro- 
spekten, Inseratenkampagne sowie mehrere Empfänge und 
Führungen) gefördert worden ist. 
Die kritische Finanzlage, die sich wie gesagt, erst in den 
letzten Wochen des Jahres entspannte, bewirkte, dass sich 
die Sammlungskommission in der Verwendung ihrer 
eigenen Mittel äusserste Zurückhaltung auferlegt hatte. 
Um so erfreulicher ist die Tatsache, dass die Sammlung im 
Berichtsjahr dank einer Reihe hervorragender Geschenke 
keineswegs stagnierte, sondern überaus willkommenen 
Zuwachs erfahren hat. Die Schenkung, die die Sammlung 
am markantesten erweitert hat, ist die der Plastik «Olive- 
stone» von Joseph Beuys durch Lucrezia de Domizio, 
Baronessa Durini. Ihr, aber auch allen andern im Kapitel 
«Sammlung» ausführlich erwähnten Schenkgebern sei 
auch an dieser Stelle unser verbindlicher Dank ausge- 
sprochen. 
Das Kunsthaus hat aber im Berichtsjahr auch einen 
seiner grössten Mäzene durch den Tod verloren: am 15. Juni
	        
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