VORWORT DES PRÄSIDENTEN
Liebe Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft
Sehr geehrte Damen und Herren
Es war ein Jahr mit viel Licht und viel Schatten.
Düster sah die Betriebsrechnung aus, bevor sich in den
etzten Monaten dank des Erfolges der Klimt-Ausstellung
sine höchst erwünschte Entspannung einstellte. Eine Ent-
spannung, die beinahe vergessen lässt, wie schwierig die
Situation zuvor gewesen ist, haben doch die enttäu-
schenden Besucherzahlen der Brasilien-Ausstellung ein
arges Loch in die bereits zu Beginn des Jahres schwierige
Ainanzsituation gerissen. Die für das Kunsthaus Verant-
wortlichen sind sich bewusst, dass, in Anbetracht der
angespannten Lage des öffentlichen Haushaltes auf allen
Ebenen, eine weitergehende finanzielle Unterstützung
durch die öffentliche Hand zur Zeit nicht in Frage kommt.
Mit um so grösserer Erleichterung ist deshalb das
Ergebnis der Klimt-Ausstellung aufzunehmen, das nicht
aur einen ausgeglichenen Jahresabschluss, sondern auch
eine gewisse Reservebildung ermöglicht hat. Dass der Aus-
gleichsfonds im Berichtsjahr von rund Fr. 150 000.— auf
gegen Fr. 700 000.— erhöht werden konnte, bietet eine
erwünschte Sicherheit für die Aktivitäten der kommenden
Jahre.
Die sehr unterschiedliche Rezeption der im Berichts-
jahr durchgeführten Ausstellungen durch das Publikum
spiegelt indessen nicht unbedingt deren künstlerische
Qualität. Die Installation der «2000 Sculpture» von Walter
de Maria hat unseren Ausstellungssaal im wörtlichen wie
übertragenen Sinne in einem neuen, strahlenden Licht
gezeigt. Ein sichtlich beeindrucktes Publikum hat dieses
Werk in erstaunlich grosser Zahl auf sich wirken lassen.
Demgegenüber muss leider festgestellt werden, dass unsere
Besucher offensichtlich wenig Lust verspüren, sich mit kul-
turellen Situationen, die am Rande unserer abendländi-
schen Entwicklung liegen, auseinanderzusetzen. Dabei
wäre es gerade im Falle der Brasilien-Ausstellung von beson-
derem Reiz gewesen, die Interaktionen zwischen Euro-
päischem und fremdartig Exotischem aufzuspüren. Die
Publikumsreaktionen zu interpretieren ist nicht immer ein-
fach: genau so wenig wie letztlich das Desinteresse an der
Brasilien-Ausstellung erklärt werden kann, ist der überwäl-
gende Erfolg der Klimt-Ausstellung zu deuten. Dazu hat
zweifellos beigetragen, dass diese Ausstellung nicht nur von
der finanziellen Unterstützung durch die Schweizerische
Kreditanstalt profitiert hat, sondern ebenso sehr durch die
flankierenden Massnahmen unseres Hauptsponsors
“Schaufensterausstellung am Paradeplatz, Versand von Pro-
spekten, Inseratenkampagne sowie mehrere Empfänge und
Führungen) gefördert worden ist.
Die kritische Finanzlage, die sich wie gesagt, erst in den
letzten Wochen des Jahres entspannte, bewirkte, dass sich
die Sammlungskommission in der Verwendung ihrer
eigenen Mittel äusserste Zurückhaltung auferlegt hatte.
Um so erfreulicher ist die Tatsache, dass die Sammlung im
Berichtsjahr dank einer Reihe hervorragender Geschenke
keineswegs stagnierte, sondern überaus willkommenen
Zuwachs erfahren hat. Die Schenkung, die die Sammlung
am markantesten erweitert hat, ist die der Plastik «Olive-
stone» von Joseph Beuys durch Lucrezia de Domizio,
Baronessa Durini. Ihr, aber auch allen andern im Kapitel
«Sammlung» ausführlich erwähnten Schenkgebern sei
auch an dieser Stelle unser verbindlicher Dank ausge-
sprochen.
Das Kunsthaus hat aber im Berichtsjahr auch einen
seiner grössten Mäzene durch den Tod verloren: am 15. Juni