Szeemann anlässlich unseres Zweihundert-Jahr-Jubiläums
1987 mit ihm organisiert und eingerichtet hatte und in
deren Folge er die fragilen Originalkonstruktionen als
Dauerleihgaben hier deponierte. Wir schätzen uns glück-
lich, dass der amerikanische Künstler, der nun schon seit
Jahrzehnten überwiegend in Rom lebt, neben Houston
als europäische Heimstatt für seine unvergleichlichen
poetischen Objekte Zürich gewählt hat; nicht zuletzt reiz-
te ihn dabei die Nachbarschaft zu den Frühwerken Alber-
to Giacomettis, und wie diese werden nun seine Arbeiten
als etwas, was es nur hier zu sehen gibt, die Liebhaber im
Kunsthaus erfreuen. Diese so bedeutende Erweiterung
unserer Sammlung kann hier nicht mitgeteilt werden,
ohne des tragischen, viel zu frühen Todes von Thomas
Ammann zu gedenken, dem hochbegabten Zürcher
Kunsthändler, Sammler und Freund vieler Künstler. In
allen drei Eigenschaften stand er Cy Twombly besonders
nahe und vertiefte dessen Beziehungen zu Zürich wesent-
lich; so trug auch er entscheidend zum Gelingen dieses
neuen Schwerpunktes bei.
Ein anderer langjähriger Förderer des Kunsthauses,
dessen Tod wir im letzten Jahr betrauern mussten, war
Willy Rotzler, unvergesslich vor allem als Freund, Kritiker
und Geschichtsschreiber der Konkreten Kunst, aber auch
Alberto Giacomettis, dessen Stiftung er wortgewaltig ver-
teidigte und deren Entstehen er später dokumentierte.
Seine weiteren Verdienste um die Kunstgesellschaft wer-
den unten (S.38) gewürdigt; hier gilt es, seinem Sohn,
Herrn Stefan Rotzler, für die berührende Schenkung von
Josef Albers «Profundo» zu danken. Kein schöneres
Gedenken an seine Eltern als dieses bedeutendste Kunst-
werk aus ihrer Sammlung hätte gefunden werden können,
die vielleicht strengste und zugleich eine der eindrück-
lichsten Fassungen der «Hommage to the Square». In der
Beschränkung auf drei Schwarztöne kommt die spirituel-
le Dimension dieser letztlich der Suche nach dem Abso-
luten gewidmeten Kunst unabweislich zur Geltung, wie
der dem Requiem entnommene Bildtitel unterstreicht:
«Domine, Jesu Christe, Rex gloriae, / libera anımas om-
nium fidelium/ defunctorum de poenis inferni,/ et de
profundo lacu: libera eas/de ore leonis, ne absorbet eas/
tartarus, ne cadant in obscurum,/sed signifer sanctus
Michael / repraesentet eas in lucem sanctam.»
Das Gemälde tritt in den Mittelpunkt von mehreren
Werken, die zur Erinnerung an Anne und Willy Rotzler
gestiftet wurden. Schon im letzten Jahresbericht konnten
wir ein Gemälde von Alan Davie abbilden; gleichfalls
noch auf die Initiative von Willy Rotzler geht ein
Geschenk der Josef Albers-Foundation zurück. Wir möch-
ven ihr und ihrem Direktor, Nicholas Fox Weber, sehr für
die Widmung einer der seltenen «Variants» danken, die-
sen den Quadrat-Bildern vorausgehenden zweipoligen
Werken, die als einzige in unserer Sammlung noch nicht
vertreten waren. Somit kann nun der wichtigste Vermitt-
ler der geometrischen Abstraktion zwischen Europa und
Amerika hier an sechs repräsentativen Werken studiert
werden. Sodann sind wir der Camille Graeser-Stiftung
und ihrer Präsidentin, Frau Prof. Dr. Beatrice Weber-Dür-
ıer, sehr zu Dank verpflichtet, dass wir aus ihrem reichen
Fundus ein Gemälde aussuchen durften; die Wahl ist mit
«Gelenkte Elemente» auf ein ungewöhnliches, beschwing-
tes frühes Werk gefallen, dessen komplexes und streng
durchgeführtes generatives System zu einem über-
raschenden, spielerisch-dynamischen Resultat führte.
Überdies konnnte als Dauerleihgabe das reizvolle «proto-
neogeometrische» Hochformat «Fliessender Rhythmus»
von 1945 übernommen werden.
An dieser Stelle möchten wir auch herzlich den ande-
ren Schenkgebern danken, die im vergangenen Jahr die
Sammlung des Kunsthauses bedacht haben: der Familie
Rudolph-Schwarzenbach, die uns eine ungewöhnliche,
für eine Zürcher Villa geschaffene Holzplastik von Carl
Burckhardt schenkte, Madame Andree Martinel, die uns
ein Gemälde ihres Vaters Franz Kupka vermachte,
schliesslich Frau Marian von Castelberg und Herrn Dr.
Franz Meyer, die uns eine charakteristische Landschaft
von Carl Montag überliessen. Dieser Künstler hatte be-
kanntlich an der Ausstellungstätigkeit des Kunsthauses
und damit an der Entstehung wichtiger Privatsammlun-
zen französischer Kunst in der Schweiz wesentlichen
Anteil; merkwürdigerweise war er bisher in unserer
Sammlung nicht vertreten.
Unter den Ankäufen von Werken lebender Schweizer
Künstler ragt als Rarität ein Gemälde des noch stets akti-
ven Serge Brignoni von1937 hervor; es handelt sich allem
Anschein nach um das einzige repräsentative der wenigen