Volltext: Jahresbericht 1994 (1994)

Szeemann anlässlich unseres Zweihundert-Jahr-Jubiläums 
1987 mit ihm organisiert und eingerichtet hatte und in 
deren Folge er die fragilen Originalkonstruktionen als 
Dauerleihgaben hier deponierte. Wir schätzen uns glück- 
lich, dass der amerikanische Künstler, der nun schon seit 
Jahrzehnten überwiegend in Rom lebt, neben Houston 
als europäische Heimstatt für seine unvergleichlichen 
poetischen Objekte Zürich gewählt hat; nicht zuletzt reiz- 
te ihn dabei die Nachbarschaft zu den Frühwerken Alber- 
to Giacomettis, und wie diese werden nun seine Arbeiten 
als etwas, was es nur hier zu sehen gibt, die Liebhaber im 
Kunsthaus erfreuen. Diese so bedeutende Erweiterung 
unserer Sammlung kann hier nicht mitgeteilt werden, 
ohne des tragischen, viel zu frühen Todes von Thomas 
Ammann zu gedenken, dem hochbegabten Zürcher 
Kunsthändler, Sammler und Freund vieler Künstler. In 
allen drei Eigenschaften stand er Cy Twombly besonders 
nahe und vertiefte dessen Beziehungen zu Zürich wesent- 
lich; so trug auch er entscheidend zum Gelingen dieses 
neuen Schwerpunktes bei. 
Ein anderer langjähriger Förderer des Kunsthauses, 
dessen Tod wir im letzten Jahr betrauern mussten, war 
Willy Rotzler, unvergesslich vor allem als Freund, Kritiker 
und Geschichtsschreiber der Konkreten Kunst, aber auch 
Alberto Giacomettis, dessen Stiftung er wortgewaltig ver- 
teidigte und deren Entstehen er später dokumentierte. 
Seine weiteren Verdienste um die Kunstgesellschaft wer- 
den unten (S.38) gewürdigt; hier gilt es, seinem Sohn, 
Herrn Stefan Rotzler, für die berührende Schenkung von 
Josef Albers «Profundo» zu danken. Kein schöneres 
Gedenken an seine Eltern als dieses bedeutendste Kunst- 
werk aus ihrer Sammlung hätte gefunden werden können, 
die vielleicht strengste und zugleich eine der eindrück- 
lichsten Fassungen der «Hommage to the Square». In der 
Beschränkung auf drei Schwarztöne kommt die spirituel- 
le Dimension dieser letztlich der Suche nach dem Abso- 
luten gewidmeten Kunst unabweislich zur Geltung, wie 
der dem Requiem entnommene Bildtitel unterstreicht: 
«Domine, Jesu Christe, Rex gloriae, / libera anımas om- 
nium fidelium/ defunctorum de poenis inferni,/ et de 
profundo lacu: libera eas/de ore leonis, ne absorbet eas/ 
tartarus, ne cadant in obscurum,/sed signifer sanctus 
Michael / repraesentet eas in lucem sanctam.» 
Das Gemälde tritt in den Mittelpunkt von mehreren 
Werken, die zur Erinnerung an Anne und Willy Rotzler 
gestiftet wurden. Schon im letzten Jahresbericht konnten 
wir ein Gemälde von Alan Davie abbilden; gleichfalls 
noch auf die Initiative von Willy Rotzler geht ein 
Geschenk der Josef Albers-Foundation zurück. Wir möch- 
ven ihr und ihrem Direktor, Nicholas Fox Weber, sehr für 
die Widmung einer der seltenen «Variants» danken, die- 
sen den Quadrat-Bildern vorausgehenden zweipoligen 
Werken, die als einzige in unserer Sammlung noch nicht 
vertreten waren. Somit kann nun der wichtigste Vermitt- 
ler der geometrischen Abstraktion zwischen Europa und 
Amerika hier an sechs repräsentativen Werken studiert 
werden. Sodann sind wir der Camille Graeser-Stiftung 
und ihrer Präsidentin, Frau Prof. Dr. Beatrice Weber-Dür- 
ıer, sehr zu Dank verpflichtet, dass wir aus ihrem reichen 
Fundus ein Gemälde aussuchen durften; die Wahl ist mit 
«Gelenkte Elemente» auf ein ungewöhnliches, beschwing- 
tes frühes Werk gefallen, dessen komplexes und streng 
durchgeführtes generatives System zu einem über- 
raschenden, spielerisch-dynamischen Resultat führte. 
Überdies konnnte als Dauerleihgabe das reizvolle «proto- 
neogeometrische» Hochformat «Fliessender Rhythmus» 
von 1945 übernommen werden. 
An dieser Stelle möchten wir auch herzlich den ande- 
ren Schenkgebern danken, die im vergangenen Jahr die 
Sammlung des Kunsthauses bedacht haben: der Familie 
Rudolph-Schwarzenbach, die uns eine ungewöhnliche, 
für eine Zürcher Villa geschaffene Holzplastik von Carl 
Burckhardt schenkte, Madame Andree Martinel, die uns 
ein Gemälde ihres Vaters Franz Kupka vermachte, 
schliesslich Frau Marian von Castelberg und Herrn Dr. 
Franz Meyer, die uns eine charakteristische Landschaft 
von Carl Montag überliessen. Dieser Künstler hatte be- 
kanntlich an der Ausstellungstätigkeit des Kunsthauses 
und damit an der Entstehung wichtiger Privatsammlun- 
zen französischer Kunst in der Schweiz wesentlichen 
Anteil; merkwürdigerweise war er bisher in unserer 
Sammlung nicht vertreten. 
Unter den Ankäufen von Werken lebender Schweizer 
Künstler ragt als Rarität ein Gemälde des noch stets akti- 
ven Serge Brignoni von1937 hervor; es handelt sich allem 
Anschein nach um das einzige repräsentative der wenigen
	        
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