RESTAURIERUNG
Das im letzten Jahr begonnene Projekt, unsere grosse
Gruppe von zum Teil recht unansehnlich gewordenen
Gemälden Johann Heinrich Füsslis zu restaurieren, führ-
ten wir mit zwei weiteren Bildern fort. Bei vielen Gemäl-
den dieses Künstlers wurde anlässlich früherer Reinigun-
gen mit dem verfärbten Firnis zugleich ein grosser Teil
der originalen Lasuren entfernt und damit die Absichten
Füsslis beeinträchtigt. In den hellen Partien, vor allem
‚m Inkarnat, wurde oft bis auf die weisse Untermalung
aeruntergeputzt, während im dunklen Hintergrund die
aufhellenden, raumentwickelnden Lasuren abgenommen
wurden. Dadurch werden die durch die ungünstige
Alterung der Teerfarben bedingten Verdunklungen noch
akzentuiert, so dass die Bilder allzu fächig und mit zu
scharfen Schwarzweisskontrasten in Erscheinung treten.
Füssli aber war es ein Anliegen, feine Übergänge und
Abstufungen sowie eine differenzierte Lichtführung dar-
zustellen; er vertrat diesbezüglich in seinen «Lectures»
eine traditionelle Kunstauffassung, die er allerdings in der
Praxis nur im Rahmen seiner genialisch grosszügigen
Arbeitsweise befolgte.
Im Falle von «Achilleus greift nach dem Schatten
des Patroklos» waren die einzelnen Bildteile durch die
übermässige Reinigung aus dem Zusammenhang geraten.
Von behutsamen Ergänzungen fehlender Lasuren ausge-
hend, wurde die Wünschbarkeit einer umfassenden
Wiederherstellung der Bildoberfäche immer evidenter.
Dabei begannen sich die Körper der beiden Freunde wie-
der deutlicher von einander abzuheben; entsprechend
Ihrer unterschiedlichen Daseinsstufen erscheint der leben-
de Achilleus plastisch vor der nebelhaft fächigen Gestalt
des abgeschiedenen Patroklos. Im Bildhintergrund
entstand auf diese Weise das Mondlicht mit seinem
fh ckernden Widerschein auf den Meereswogen.
Ähnlich tiefgreifend wurde das Bild «Das Gefängnis»
durch Nachlasierungen behandelt. Auch hier erhielten
die Figuren ihr Volumen zurück; der Raum zwischen den
Gefangenen, dem schlafenden Soldaten und der herein-
schwebenden weiblichen Frauengestalt, der Verkörperung
der Freiheit, ist wieder in naturalistischem Sinn begreifbar
zeworden.
Nach konventionellen Restaurierungsrichtlinien gilt ein
Überlasieren originaler Malerei in diesem umfassenden
Ausmass als inakzeptabel. In dem vorliegenden besonde-
ten Fall führt aber der vorhandene Zustand selbst bei
Fachleuten zu Missverständnissen und Fehldeutungen. Da
ınser repräsentativer Bestand an Werken von Füssli als
Massstab für die Erscheinung und Restaurierung seiner
Gemälde gilt, obliegt uns die Verantwortung, eine Anzahl
dieser Bilder wieder in den ästhetisch wünschbaren
Zustand zu versetzen, damit eine Diskussion über dieses
Thema und seine Problematik geführt werden kann. PP
Ausstellungen
Die 32 Gemälde von Niko Pirosmanaschwili für unsere
Ausstellung «Zeichen und Wunder» wurden bereits An-
fang Januar per Flugtransport von Herrn Dschoni Acho-
5adse, dem Chefrestaurator des Staatlichen Museums der
Kunst in Tbilisi, aus Georgien ins Kunsthaus gebracht.
Die Werke wurden so früh angeliefert, damit die nötigen,
zeitintensiven restauratorischen Massnahmen noch vor
der Eröffnung durchgeführt werden konnten.
An zwölf Gemälden mussten Fixierungs- und Siche-
‚ungsarbeiten vorgenommen werden. Pirosmanaschwili
pfkgte mit Ölfarben auf industriell für den Haushalts-
vedarf hergestelltes Wachstuch zu malen; die eigenwillige
Materialkombination führte schon bald nach der Ent-
stehung zu Haftungsproblemen, die durch die oft wenig
sorgfältige Aufbewahrung noch verschärft wurden. Da die
hart auftrocknende Ölfarbe den Bewegungen des durch
das Wachs geschmeidig gemachten Bildträgers nur teıil-
weise folgen kann, kommt es vor allem an den Rändern