VERANSTALTUNGEN
MUSEUMSPÄDAGOGIK
Zufällig erhalten: «Ich habe noch nie so viel auf einem
Haufen gesehen», Satz im Brief einer Fünftklässlerin nach
einem Kunsthausbesuch. Gearbeitet hat sie mit gerade
zwei Bildern in der permanenten Sammlung. Ihre Bemer-
kung zeigt die Kraft und die Fähigkeit, mit denen sie
anscheinend in die Schichten der beiden Werke einzu-
*auchen vermochte -ein Erlebnis, das wir uns auch für
andere Besucherinnen und Besucher erhoffen.
Zufällig in die Hände geraten: «Museumspädagogische
Arbeit füllt eine Lücke in unserem Erziehungssytem»,
Zitat aus einem Bericht der Kunstzeitschrift «Du» über
Kinder in der Ausstellung Soft Art im Jahre 1979 und
damit Zeugnis aus den Anfängen. Ernsthaft bestreiten
wird die Aussage wohl niemand, auch wenn sie rück-
Dlickend in dieser Formulierung befremdend nach Dienst-
leistung tönt. Zu solchen Veranstaltungen in Wechsel-
ausstellungen, die immer wieder stattfinden, ist im Laufe
der Zeit ein breites Angebot im permanenten Bestand
des Hauses getreten. Diese thematisch aufgebauten
Formen erlauben es, spezifischer auf die Bedürfnisse von
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen einzutreten,
und die Vielfalt der Sammlung wird oft den Bedingungen
gerechter, die durch die heutige breite kulturelle Durch-
nischung der Klassen entstanden sind.
Wichtigstes Gebiet unserer Tätigkeit waren auch 1995
die Veranstaltungen für die Volksschule, die weiterführen-
den Schulen und die Seminarien der Stadt und des
Kantons Zürich. Unsere Abteilung hat sich von den
Formeln «Kinder- Museum; Kunstwerk - Unterricht»
acht gelöst - dies wäre höchstens als Reaktion auf eine
damit gemeinte verniedlichende oder schulmeisterlich-
pragmatische Einschätzung der Museumspädagogik nötig.
Wir haben uns bemüht, die Klammer auszuweiten und
bessere Voraussetzungen zu schaffen: In Gesprächen und
Fortbildungen suchten wir immer wieder den konstrukti-
ven Kontakt zur Lehrerschaft und verfolgten das Ziel der
integration der Kunsthausbesuche in den Unterricht. Die
Fülle der Anmeldungen, die auf die Einladung des Schul-
amtes der Stadt Zürich eintrafen, spiegelt hoffentlich die
gewachsene Bereitschaft der Lehrerinnen und Lehrer, der
Auseinandersetzung mit künstlerischem Schaffen einen
grösseren Stellenwert einzuräumen. Sie erinnert zudem
erfreulich an die Zielsetzung der 70er Jahre: Jedes Kind
der Stadt soll während seiner Volksschulzeit zwei —- lieber
aber drei — Mal Gelegenheit für eine intensive Begegnung
mit Werken der bildenden Kunst erhalten. Im Erwachse-
nenbereich hingegen haben wir uns von den durch Kin-
der und Schule defnierten Zielen der ersten Jahre weit-
gehend emanzipiert. Die rund 100 Veranstaltungen in der
beruflichen oder persönlichen Weiterbildung bezeugen
für 1995 eine Vielfalt an Vermittlungsformen, die auf
unterschiedlichste Gruppen und auf ein breites Spektrum
der Beweggründe für einen Museumsbesuch zu reagieren
hatten.
Insgesamt nahmen 1995 über 450 Gruppen die Päd-
agogik des Kunsthauses in Anspruch, eine hohe Zahl, die
aber dank der kompetenten und engagierten Mithilfe von
Frau Barbara Schlueb, Frau Heidi Giezendanner und
Frau Monika-Maria Herzog für Quantität und für
Qualität steht. Beschwerlich waren hingegen oft die
Arbeitsbedingungen: Im Extremfall warteten drei Schul-
klassen am Eingang, die möglichen Termine richteten sich
nach den Stundenplänen, die vorbesprochenen Themen
verlangten bestimmte Bilder, die oft ausgerechnet in den
gleichen Sälen hängen. Und wer durfte nun das einzige
Malatelier benützen? Sorgen bereiteten uns auch die
Schulen aus dem Kanton Zürich: Hier mischt sich die
Freude am Erreichten mit den fnanziellen Problemen der
Gegenwart. So war in diesem Jahr bereits im Sommer
die übliche Zahl der Besuche überschritten, und nur dank
der spontanen und grosszügigen Haltung der Erziehungs-
direktion konnten weitere Anfragen positiv beantwortet
werden. Was 1996 geschehen wird, das hingegen bleibt
offen. SK/HRW