Flügel vereinigt ist. Ein neuer Rahmen, der nach einem
vollständig erhaltenen Altar desselben Meisters in der
Basler Barfüsserkirche kopiert wurde, und die zurück-
haltenden Ergänzungen fehlender Teile durch unseren
Restaurator Paul Pfister lassen den einheitlichen Raum
und Rhythmus der stimmungsvollen Weihnachtsszene
wieder zur Geltung kommen. Sie nimmt nicht von un-
gefähr die Mitte des Nelkenmeister-Saals ein, denn sie
steht dem frühsten und bedeutendsten Werk der Gruppe,
dem Hochaltar der Freiburger Franziskaner-Kirche, am
nächsten und dürfte von dem an diesem beteiligten Paul
Löwensprung gemalt sein.
Mit einem reizvollen kleinen Gemälde überraschte
uns Herr Charles Frey-Bettoni: es stellt das Dankgebet
Struthan Winkelrieds, des Ahnherrn des Helden von
Sempach, nach seinem Sieg über den Drachen dar und
stammt von dem früh verstorbenen Theodor von De-
schwanden, dem nicht weniger begabten Neffen des
bekannteren Melchior Paul von Deschwanden.
Auch die Giacometti-Stiftung wurde beschenkt und
dank den Spenden aus dem Kreis ihrer langjährigen
Stifter und Freunde, insbesondere einem grösseren
Beitrag von Anton Bucher, bereichert. Auf Initiative von
Dieter Koepplin konnten so aus der bisher kaum vertre-
tenen Übergangsphase um 1940 eine grosse Zeichnung
nach dem «Heiligen Bartholomäus» von Konrad Witz
und eine der kleinen Kopfstudien, der «Petit buste sur
double socle», erworben werden.
Im Bereich der neueren Schweizer Kunst glückte der
Vereinigung Zürcher Kunstfreunde die Erwerbung eines
der wichtigsten Gemälde von Cuno Amiet, der mo-
numentalen «Sonnenflecken» von 1904, dem Jahr seiner
kühnsten künstlerischen Experimente. Dank dem unge-
wöhnlichen, bruchgefährdeten Träger Eternit wurde das
Bild 1931 nicht nach München ausgeliehen und entging
so der Brandkatastrophe, der zahlreiche Hauptwerke
Amiets, u.a. die grossen «Bretonischen Wäscherinnen»
des Kunsthauses, zum Opfer fielen. Die malerische Ener-
gie, die die weissen Sonnenflecken auf dem Gewand von
Frau Amiet in dem von Grüntönen dominierten Gemäl-
de durchlodern, führt die Synthese von impressio-
nistischem Sujet und Gestaltungsprinzipien des Jugend-
stils an die Schwelle des Expressionismus.
An der Generalversammlung vom 5. Juli 1993 beschloss
die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde, Peter Fischli und
David Weiss ein grösseres Werk in Auftrag zu geben. Das
Künstlerpaar, dessen Arbeiten die Gruppe Junge Kunst
seit Jahren verfolgt und sammelt, studierte das Kunsthaus
in- und auswendig, doch erweist sich dieses für weitere
«Kunst am Bau» für ungeeignet. So wurde die von Beginn
an mitbedachte Alternative einer Videoarbeit vertieft; sıe
konnte im Schweizer Pavillon der Biennale erstmals
gezeigt und auf der Venedig-Reise der Kunstfreunde
besichtigt werden. Nahezu hundert Filmstunden bieten
einen kunstvoll kunstlosen Querschnitt durch das Leben
in der Schweiz. Im kommenden Sommer wird die Video-
installation mit ihren zwölf locker angeordneten Monito-
ren diese Sicht auf die heutige pluralistische Gesellschaft
dem Zürcher Publikum vergegenwärtigen.
Neben diesen grossartigen Geschenken treten einmal
mehr die Ankäufe ganz zurück, denn die eigenen Mittel
mussten noch weitgehend für die Restzahlung von Cy
Twomblys «Goethe in Italy» eingesetzt werden, für die
auch der Ertrag aus dem Verkauf eines Bildes von Raoul
Dufy und eines kleinen Stillebens des Amerikaners Wil
liam Harnett diente. Der traurige Tod des so liebenswür-
digen Baron Bubi Durini, der die Aktivitäten seiner
Gemahlin Lucrezia de Domizio mit Beuys intensiv unter-
stützte und als Photograph stets begleitete, führte die
Witwe dazu, uns Werke und Dokumente von Beuys anzu
bieten. Insbesondere die Arbeiten aus dem Kontext deı
«Olivestone», des von ihr 1992 dem Kunsthaus geschenk
ten Hauptwerks, sind für uns von grossem Interesse.
Neben diesen Zeichnungen und Multiples wurde noch
die kleinere, eng verwandte Werkgruppe «Ombelico di
Venere» erworben. Mit der Pflanzenpresse und ihrem
Resultat lässt sich beispielhaft die aktionistische Basis der
Kunst von Beuys und sein Umgang mit der Natur zeigen.
Auf Vorschlag unseres neuen Konservators Bernharc
Fibicher öffneten wir mit dem Ankauf zweier Werke von
Callum Innes die Sammlung in Richtung «radical pain
ting», während aus der von Bice Curiger zusammengestell:
ten Ausstellung «Zeichen & Wunder» ein eigens für Zürich
geschaffenes Relief von Balkenhol erworben wurde.
Aus dem Schweizer Kredit konnte zur Abrundung
der Gruppe tachistischer Malerei ein früher Tondo vor