Full text: Jahresbericht 1996 (1996)

und sich heute beim Duke of Westminster befindet, durf- 
te man diese überraschende und einmalige Gelegenheit 
nicht ohne weiteres vorbeiziehen lassen. Und tatsächlich 
konnte sie dank der ausserordentlichen Grosszügigkeit 
des von Dr. Peter Alther verwalteten Holenia Trust im 
Andenken an Joseph H. Hirshhorn ergriffen werden. 
Die beiden Gemälde von Claude Lorrain gaben mit 
ihren unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen An- 
lass, eine mit den Restauratoren schon länger diskutierte 
Ausstellung zu diesem konservatorischen Problem durch- 
zuführen; Näheres über die ebenso interessante wie 
beachtete Veranstaltung berichtet Paul Pfister unten S. 21. 
In ihrem Katalog wurde die besondere Wünschbarkeit der 
beiden Werke für die Sammlung erläutert: Seit zu den her- 
vorragenden holländischen Landschaften der Ruzicka- 
Stiftung ebenso bedeutende Bilder der italienischen und 
der niederländisch italianisierenden Richtung traten, 
machte sich das Fehlen des zentralen, beide Schulen ver- 
bindenden Meisters sehr fühlbar. Und dies umso mehr, 
als der Lothringer ohne Zweifel jener der wenigen Alten 
Meister ersten Ranges ist, von dem die grösste Wirkung 
auf die schweizerische Malerei ausging: von den dekorati- 
ven Landschaften des 17. und 18. Jahrhunderts zu Salo- 
mon Gessners Idyllen und der so wichtigen Vedutenkunst 
bis zu Robert Zünd und der letzten Generation realisti- 
scher Landschaftsmaler. Wie die in den letzten Jahren 
erworbenen Gemälde von Angelica Kauffmann und 
Johann Heinrich Wilhelm Tischbein verknüpfen so die 
beiden neu gewonnenen Werke die Sammlung interna- 
tionaler Barockmalerei mit den alten schweizerischen 
Beständen der Kunstgesellschaft. 
Von Claude Lorrain bis Giovanni Segantini nannten wir 
die erwähnte Ausstellung, denn auch vom letzteren konn- 
te dank der tatkräftigen Mithilfe der Schweizerischen 
Bankgesellschaft ein Hauptwerk erworben werden. Seit 
etlichen Jahren stellte das Kunsthaus der Bank mehrere 
Gemälde von Gubler und Hodler zur Verfügung, die in 
den Museumsräumen angesichts unser sehr umfangrei- 
chen Bestände kaum mehr zu sehen waren. Die Bank 
wünschte diese Werkgruppe zu kaufen, doch konnte man 
diesem Wunsch nur im Sinne eines Austausches mit 
einem schweizerischen Gemälde der gleichen Epoche und 
vorbehältlich des Rechtes, bei Sonderausstellung auf die- 
sen Bestand zurückzugreifen und des Rückkaufs im Falle 
einer Veräusserung entsprechen. Die Bilder von Max 
Gubler gehörten zu den sehr zahlreichen Geschenken 
von Dr. Hans E. Mayenfisch, der in ebenso weiser Vor- 
aussicht wie Professor Ruzicka ausdrücklich bestimmte. 
dass nicht mehr benötigte Werke zugunsten von wichti 
geren veräussert werden dürfen; mit dem Legat der 
umfangreichen und hervorragenden Gubler-Sammlung 
von Johann Soraperra-Blattmann trat 1971 dieser Fall ein. 
Durch eine namhafte Spende der Bankgesellschaft auf- 
gerundet, kamen so die nötigen Mittel für Segantinis 
La vanitä oder La fonte del male zusammen. Neben zahl- 
reichen Landschaften schuf er ein paar wenige, offen sym- 
bolistische Kompositionen, die für das Verständnis seiner 
Kunst und seiner internationalen Bedeutung ebenso 
wichtig sind. Fünf dieser sechs Hauptbilder gelangten 
früh in ausländische Museen; das letzte konnte nun 
aus japanischem Privatbesitz für die Schweiz gesichert 
werden. Mit diesem sehr farbintensiven späten Gemälde 
rundet sich zugleich unser in den letzten Jahrzehnten 
systematisch ergänzte Bestand zu einem repräsentativen 
Überblick über das Werk Segantinis. 
Im Berichtsjahr starb Dr. Willy Staehelin, dessen aus 
serordentliche Verdienste um die Vereinigung Zürcher 
Kunstfreunde und das Kunsthaus unter S. 38 gewürdigt 
werden. Zu seiner Erinnerung schenkte Frau Marina 
Staehelin ein Gemälde von Edouard Vuillard, das lange 
Jahrzehnte seinen Arbeitsraum schmückte. Es zeigt die 
beiden Kinder seines besten Freundes, Schwagers und 
Malerkollegen Roussel und bildet eine schöne Ergänzung 
zu der Werkgruppe der Nabis, einem der Schwerpunkte 
der Kunsthaus-Sammlung. Stärker als in den bereits vor- 
handenen Gemälden sucht Vuillard in diesem späteren 
Bild das atmosphärisch weich in den intimen Raum ein- 
dringende Licht zu erfassen. 
Zur Erinnerung an ihren Vater Herrn Rudolf Wismer- 
Meng, der viele Jahre den beliebten «Sonnenberg» 
betrieb, schenkten Herr Rolf Wismer und seine Schwester 
die erste Fassung von Hodlers Abendruhe, eine blau 
gewandete junge Frau in einer farblich besonders reizvol- 
len Landschaft. Mit ihr griff er nach dem Unterbruch 
durch die Arbeit am Rückzug von Marignano seine symbo- 
listischen Kompositionen wieder auf, um eine weibliche
	        
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