GRAPHISCHE SAMMLUNG
Das Jahr 1996 hat mit einem Grosseinsatz aller Mitarbei-
ter/innen begonnen. Die trotz des knappen Raumange-
bots ausstellungstechnisch höchst aufwendige Schau
«Erotika» (siehe S. 18) hat nicht nur vom technischen
Dienst des Kunsthauses einiges abverlangt, sie hat die
Graphische Abteilung auch während der langen Vorberei-
tungsphase «auf Trab» gehalten: Herstellen von Passe-
partouts für über 100 Werke durch Armin Simon und
Klaus Geiger, Administration und Beschaffung einiger
Dutzend Leihgaben aus anderen Museen durch Ute
Richi, diverse Hilfeleistungen in der Form von Recher-
chen durch Bernhard von Waldkirch und Thomas Rose-
mann.
Die Sammlungstätigkeit im strikt graphischen Bereich
war 1996 stark eingeschränkt. Der grösste Teil des Jahres-
budgets wurde für Photoaquisitionen eingesetzt, auf die
5. 86 eingegangen wird und die im Ausstellungskatalog
«Im Kunstlicht» beinahe vollständig erfasst sind. Auch die
neu erworbenen sechs Serigraphien von Jörg Bader, das
Konvolut von überzeichneten und photographierten
Modezeitschriften-Blättern von Daniele Buetti, zu dem
auch eine kleine Zahl reiner Kugelschreiber-Zeichnungen
gehört sowie das Blatt «Shaiprabow&» von Lothar Baum-
garten (Gegenstück zur Arbeit «Fisch», die sich seit 1985
in unserer Sammlung befindet), standen im (erweiterten)
Kontext der Photographie.
Eine Sonderstellung technischer und funktionaler
Natur nimmt die subtile, sehr poetische Arbeit «Trappole
di luce» von Giuseppe Penone ein, deren Erwerb ebenfalls
dem «Jahresthema» Photographie zu verdanken ist. Auf
einer kleinen, rechteckigen Porzellanplatte erscheint ein
photographischer Ausschnitt des Gesichts (Augenpartie)
von Penone. Die Pupillen wurden durch Löcher in der
Platte ersetzt, damit von hinten, entsprechend den
Instruktionen des Künstlers, zwei Äste eines jungen
Baums hindurchgezogen werden können (Gleichsetzung
von Auge und Photoapparat als «Lichtfalle»). Die Arbeit
soll im Laufe der Jahre mit dem Baum verwachsen. Kunst
und Natur haben somit die Möglichkeit, eine intime
Verbindung einzugehen. Die aus den Augen herauswach-
senden Äste, der durch die Pupillen fliessende vegetabile
Energiestrom, die Umkehrung der Wahrnehmung auf der
Netzhaut in der Form einer kreativen Projektion durch
das Auge in die Welt bilden einen klassischen Themen-
komplex, mit dem sich u. a. der Renaissance-Architekt
und Theoretiker Leon Battista Alberti und der Künstler
Markus Raetz (vgl. etwa Abb. 168 in Kat. Markus Raetz.
Arbeiten 1962-1986, Kunsthaus Zürich, 1986) beschäftigt
haben.
Zum Porzellanobjekt (Vanitas!) von Giuseppe Penone
gehören drei Zeichnungen mit demselben Titel, die eben-
falls Eingang in unsere Sammlung gefunden haben, Beim
näheren Betrachten dieser Werke fällt auf, dass die Umriss-
linien der Äste sehr dezidiert gezeichnet sind, während die
anonymen Köpfe durch seismographische Linien «in
Schwingung versetzt», verundeutlicht werden: Das eigent-
lich - weil physisch - Gegebene erscheint somit als etwas
Relatives, der Blick dagegen als das Grundlegende. Der
Künstler scheint zeichnend folgende Hypothese aufzu-
stellen: Das wahrnehmende Subjekt konstituiert sich ein-
zig und allein durch den (intensiven) Wahrnehmungsakt.
Unter den graphischen Geschenken wären die drei
grossformatigen «Xerographien» von Marianne Olsen aus
der Werkreihe «Science and Dark Intervals» zu nennen.
die Bestandteile der gleichnamigen Ausstellung im Erd-
geschoss des Kunsthauses waren. Die Photosammlung des
Kunsthauses durfte Schenkungen von Künstlerinnen und
Künstlern entgegennehmen, die ideale Ergänzungen zu
den in diesem Jahr getätigten Ankäufen darstellen. Hans
Danuser liess uns drei Schwarzweiss-Photographien mit
dem Titel «Landschaft VI» zuteil werden, Annelies Strba
das Farb-Print «Hiroshima» und das Schwarzweiss-Porträt
«Samuel mit Kopftuch». Roman Signer schliesslich
ergänzte den Ankauf der Gruppe Junge Kunst - 50 Photo-
graphien seiner Aktionen - durch weitere 22 Dokumente.
Ein besonders herzlicher Dank geht an Frau Dr. Elfriede