lumpter Strizzis - arme hungrige Teufel und zwei Pa-
droni, dick ... Meine Statue ist für sie: «non c’& male: c’ha
qualche cosa preso dal vero. Donna grassa € bella, ...».
Ein neues Problem tauchte mit dem Arbeitsplatz auf:
Nur ein einziges lausiges Bildhaueratelier steht zur Ver-
fügung. Ende Dezember 1907 schreibt Burckhardt einem
Freund: «Ich bossle immer noch an der Statue, weil das
Letzte gemacht sein muss, und ich dem Steinhauer nichts
überlassen darf... Ich stecke fest in der Arbeit, die Statue
soll am 1. Mai [1908] in Marmor angefangen werden - ich
habe sie ganz überarbeitet, einfacher und für den Mar-
mor geeigneter gemacht.»
Neben der Arbeit an der Venus nimmt jetzt die Teil-
nahme am Wettbewerb für die Metopen des von Karl
Moser neuerbauten Kunsthauses in Zürich den Künstler
in Anspruch. Manchmal verwünscht er diese freiwillig
eingegangene Doppelbelastung. Für die Arbeit an den
Zürcher Entwürfen mietet er in Florenz bessere Räume
und muss nun ständig zwischen Florenz und Forte dei
Marmi pendeln. Im Juni 1908 brachte Burckhardt seine
Entwürfe nach Zürich. Vermutlich war das für ıhn ein
willkommenes und wohltuendes Ausscheren aus der
Fron für die «Venus»,
Ende Jahr, im Dezember, heisst es in einem Brief an
den Freund Hermann Kienzle, dem damaligen Vorsteher
der Basler Gewerbeschule: «Wie ein böser Dämon ver-
folgt mich die aus Eiformen zusammengesetzte Gestalt
meiner Statue, mein eigenes Machwerk, das mich von
allem und allem abgehalten hat... Ich bin immer noch
da, wo ich vor drei Jahren war, ... hier habe ich ein ganzes
Jahr verloren und meine Statue glatt und rund gemacht.»
Die Konkurrenzentwürfe mit den Amazonenkämpfen
belasten, aber befreien auch - Burckhardt beklagt sich ja
darüber, dass ihm über der Arbeit an der «Venus» so viele
gute Einfälle und Werkprojekte verlorengehen. Aber der
«Dämon» Venus erlaubt keinen Ausbruch. Burckhardt
muss die Arbeit in Forte dei Marmi straff beaufsichtigen,
denn in seiner Abwesenheit haben «... die italienischen
Arbeiter alle Dummheiten, Ungereimtheiten und
Pfuschereien an meiner Statue verübt... Sie vernudeln,
versüssen, verschummern alles ... Unsere modernen sen-
siblen Nerven sind für das kernige Handwerk der Stein-
bildnerei nicht mehr geschaffen.» Burckhardt erlebt nun
zum zweiten Mal, wie das Fehlen technisch-handwerk-
licher Ausbildung das Realisieren eines Konzeptes er-
schwert; jetzt muss er sie praktisch nachholen. Er wird
auch erst allmählich begreifen, dass die Umsetzung vom
Modell ins definitive Material viele Feinheiten kostet,
dass anderes dafür besser hervortritt.
Es sind jedoch nicht bloss die «modernen, sensiblen
Nerven», die Burckhardt in bezug auf die Steinarbeit
zu schaffen machen. Es ist seine seit je empfindliche
Konstitution, seine leicht gefährdete Gesundheit. Er
war immer auf Gehilfen fürs Steinhauen angewiesen;
seine Kräfte reichten für grosse Objekte nicht aus. In
den winterlich kalten Florentiner Räumen hatte er sich
eine schwere Erkrankung geholt. Er musste die Arbeit
zurückstellen und sich im Sommer bei Bocca di Magra
langsam erholen. Die schwache Konstitution, verbun-
den mit einer immer wieder aufbrechenden Lungen-
affektion und Erkältungskrankheiten, hat Burckhardt
auch später mehrfach Karenzfristen auferlegt und Arbei-
ten ins Stocken gebracht. Die Tätigkeit an der «Venus»
aber verfolgte er mit zäher Geduld unter Aufbietung
aller Disziplin.
Im Jahr 1909 geht die Arbeit vorwärts - nachdem
Burckhardt in seiner Selbstkritik beinahe resignieren
wollte. Er schreibt seiner Frau im September 1909 nach
Basel: «Mit der Arbeit geht es nicht so glatt, wie ich
möchte, aber ich tue alles, was ich kann —- nur keine
Konzessionen! Der Torso ist das Leichteste. Das Ge-
wand wird poliert, aber die Haare müssen neu gemacht
werden... Sehr schwer ist, die zwei Farben zu einander
zu stimmen, und ich brauche keine Angst zu haben,
dass mir diese Art Polychromie nachgeahmt wird.» Ende
September meldet er: «Ich habe in allem wenig Extra-
Glück. Das Polieren dauert unendlich lang, der Marmor
hat alle erdenklichen Tücken - «& un rospo - vuol co-
mandare lui» - der Polierer säbelt schon seit zehn Tagen
dran herum, und fegt und stöhnt. Heut abend fünf Uhr
gab er nach - der Marmor - und wie ein junges Mädchen
fing er an zu erröten, und dann wie ein Chamäleon zu
schillern und wie eine Mondnacht zu strahlen.»
Und ein Monat später bekennt Burckhardt: «Was ich
hier gelernt habe, und warum ich Forte nie bedauern
werde, ist die Kenntnis des Marmors und der Art, ihn