Damit kommen wir zurück zur Frezen Sicht aufs Mittel-
meer, aus der die diesjährigen Ankäufe des Schweizer
Kredits getätigt wurden. Bereits zuvor geplant war die
Erwerbung der grossen Dia-Installation Oxford Street von
Beat Streuli, die erstmals in der Tate Gallery in London
gezeigt worden war. In musikalischen Rhythmen folgen
und überlagern sich Projektionen von Bildern der Men-
schen aus dem Commonwealth, Einheit und Verschie-
denheit, hektisches Geschiebe und fast meditative Stille
merkwürdig und eindrucksvoll verbindend. Gegenüber
der nur drei Jahre älteren grossen Video-Arbeit von
Fischli und Weiss über das Leben in der Schweiz ergibt
sich nicht nur der Schritt aus der fast biedermeierlich lie-
sevoll beobachteten Kleinteiligkeit ins Metropolitane,
sondern auch die nicht minder zeittypische Verschie-
ung von der selbstgemachten Spurensicherung zu einer
neuen formalen Perfektionen. Dieselbe zeigt auch Pipi-
lotti Rists Glas, das als passender Schmuck über der Bar
hängen bleiben wird, doch mit dem überlaufenden
Sirup wird die Glätte erfrischend ironisch unterlaufen.
Costa Vece lässt in seiner Video-Installation Dressed
to Kill die Hollywood-Ästhetik auf die Schäbigkeit
rezyklierter Warenhaus-Kartonschachteln prallen und
konfrontiert zugleich den Einsatz der glamourösen
Kunst-Welt in der eleganten Zweideutigkeit filmischer
Edelkrimis mit der andersartigen Realität des Kunst-
hauses und aktiviert und bricht mit diesem Kurzschluss
beide zugleich. In den zwei gleichfalls hochästhetischen
Arbeiten aus der Serie der Strippings von Teresa Hubbard
und Alexander Birchler verbindet sich Schlichtheit und
Komplexität, wie man es aus der holländischen Malerei
des 17. Jahrhunderts kennt. Damit konnte zugleich die
Sammlung der grossformatigen Photographien weiterge-
führt werden.
Im internationalen Bereich wurde nach ausführlichen
Diskussionen mit der Erwerbung des Model for Tunnel -
Square to Triangle von Bruce Nauman ein wichtiger
Schritt in eine neue Richtung gemacht. Unter dem Ein-
druck der grossen Retrospektive festigte sich die Mei-
nung, dass dieser Künstler trotz der guten Vertretung im
Museum Basel und den Hallen für neue Kunst in Schaff-
hausen auch im Kunsthaus Zürich nicht fehlen dürfe.
Zin erster Versuch, eine Skulptur zu ersteigern, scheiterte
glücklicherweise, denn der grosse Ring, der kurz darauf
erhältlich wurde, ist zweifellos eine der intensivsten
Arbeiten aus jener zentralen Werkgruppe, die sich durch
hre besonderen plastischen Qualitäten am besten in
ınsere Sammlung einfügen lässt. Die monumentale
Grösse und die geometrische Strenge des Konzepts
assen ihn gleichwertig neben die ähnlich repräsenta-
jven Werke von Beuys und den Amerikanern treten; eng
verwandte, grossformatige Zeichnungen hat Ursula
Perucchi schon vor mehreren Jahren für die Graphische
Sammlung des Kunsthauses erworben, und schon
zeichnet sich ab, dass auch im dreidimensionalen
Bereich bald eine Erweiterung möglich sein wird.
Der Leihverkehr bewegte sich mit 143 Gemälden und
246 Arbeiten auf Papier an 66 Ausstellungen anderer
Institute am oberen Ende der in den letzten Jahren üb-
ichen Bandbreite. Gern unterstützt man so originell
<onzipierte und intelligent durchgeführte Projekte wie
Ferdinand Hodler - Piet Mondrian: eine Begegnung in
Aarau, weniger gern repetitive und flüchtig gemachte
Veranstaltungen wie die Giacometti-Ausstellung in
Frankfurt, womit zugleich die beiden umfangreichsten
Lieferungen (6 Gemälde und 81 Zeichnungen resp. 8
Skulpturen, 4 Gemälde, 4 Zeichnungen und 50 Radie-
rungen) genannt sind. Besonders hektisch war der
Betrieb im September, als vier Gemälde von Monet, dar-
unter eines der grossen Seerosen-Bilder, an die Präsenta-
tion seines Spätwerkes in Boston, die Landschaften von
Claude Lorrain und Domenichino nach Tokyo und
mehrere Werke Munchs nach Lugano verschickt
wurden. Der Aufwand für die Abwicklung dieser oft von
Kurieren begleiteten Leihgaben für den technischen
Dienst, die Restauratoren und vor allem für das Sekreta-
rat wächst noch stets. Romy Storrer, die nun schon seit
Jahrzehnten in absoluter Zuverlässigkeit und Exaktheit
diesen «Papierkrieg» führt, wünschte, nur noch vier Tage
pro Woche zu arbeiten; entsprechend hat Cecile
Brunner gewisse Aufgaben des Sammlungs-Sekretariats
übernommen.