bewegend - Dokumentation der Fiktionalität des Do-
kumentarischen. In der Installation AU-Work-No-Play
1995/96) erzählen oder erfinden in Plastik einge-
schweisste Warensets kommodifizierte Anekdoten und
Tragödien des Alltags. Die Toninstallation 7rostspender
1997) wurde in den Besuchertoiletten des Museums
installiert, wo die Handtuchspender für einmal nicht nur
Papier sondern zugleich auch Soundschnitzel abgaben.
Schliesslich proJizierte die Diainstallation Elle ne perd pas
le nord (1998) auf topographische Projektionen einer
barocken Gefühlskarte Wegbeschreibungen und Orien-
tierungshinweise aus geographischer und topographi-
scher Literatur des 20. Jahrhunderts - technisch-nüch-
terne Handbuchprosa überlagerte die Landkarte der
zarten Gefühle mit ihren bildhaften Topoi der Leiden-
schaften. TB
Three Windows - Hommage a Robert Lax
Sinnfällig neben dem weissen Feld der 2000 Sculpture
von Walter de Maria erschienen im schwarzen Kinoraum
auf drei grossen Leinwänden zauberhafte Video-Bilder
aus dem Alltag des auf Patmos lebenden amerikanischen
Dichters Robert Lax, eine 45-minütige, technisch per-
fekte Endlosprojektion der Filmemacher Nicolas Hum-
bert und Werner Penzel. Keiner der üblichen biographi-
schen Filme über einen Künstler, vielmehr ein Film von
Robert Lax, der die Gegenwart seiner Person und der von
ihm selbst gesprochenen Minimal-Gedichte authentisch
in Bild und Ton umsetzt. Die simultanen «drei Fenster»-
Blicke erzählen von der Gleichzeitigkeit von Tag und
Nacht, von innen und aussen, von Insel und Raum,
Schafhirt und Mönch, Kosmos und Wort. Vom Rhyth-
mus der Sprache und dem Bimmeln von Ziegenglocken,
von Schiffsmotoren und dem Wind strukturiert, zieht
der Fluss der Bilder den Betrachter in den Bann einer
ganz andern, archetypisch in jedem schlummernden
Sehnsuchtswelt der Erfüllung, von Lebensweisheit und
Glück,
Das vom Kunsthaus Zürich mit den Autoren dank der
Unterstützung der Bank Hofmann initiierte Projekt star-
tete im Haus der Kunst in München, machte dann kurz
in einem Zen-Tempel in Tokio und der Berliner Aka-
demie der Künste Station, bevor es nun nach Helsinki,
Nyon, Bielefeld, New York und Rom und hoffentlich
immer so weiter reist. In Zürich konnte dank dem
Pendo-Verlag und seinen deutschsprachigen Lax-Aus-
gaben die literarische Präsenz des Werks mit vielen Erst-
ausgaben, Manuskripten, Briefen, Zeichnungen und
2inem Text seines deutschsprachigen Übersetzers Alfred
Kuoni vertieft werden. Dazu traten Fotos seines
Freundes und Verlegers Bernhard Moosbrugger und ein
schwarzes Bild von Ad Reinhardt, das neben biographi-
schen Dokumenten den spirituellen Einfluss auf die
Beatnik-Generation andeutete. In Zürich liegengeblie-
vene Filme stellten Lax erstmals als Fotografen vor; die
innere Nähe seiner Bilder zu den von Humbert und
Penzel gefundenen bestätigten deren kongeniale Inter-
pretation des Dichters. Ein Katalog, ein separates biogra-
phisches Video und eine Robert-Lax-Box mit Biographie
und Bibliographie vervollständigten die Evokation des
ılten Weisen. GM
AUSSTELLUNGEN IM ERDGESCHOSS
Hanny-Fries-Retrospektive
Bis über ihren 80. Geburtstag hinaus hielt die «lebende
Zürcher Legende» Hanny Fries ihr malerisches Werk
gleichsam versteckt. Neben den 1978 erschienenen «1000
Theaterzeichnungen» waren weder Buch noch Katalog
zreifbar, und die wenigen Ausstellungen im Kunstsalon
Wolfsberg oder anlässlich der Verleihung des Kunst-
areises der Stadt Zürich 1981 im Kunsthaus zeigten
‚ediglich die jeweils neuesten Werkgruppen.
Die von einem grossen Publikumsaufmarsch beglei-
:ete erste Retrospektive enthüllte nun Umfang und Ent-
wicklung des Lebenswerks. Nach der Ausbildung an der
Zürcher Kunstgewerbeschule vertiefte die aus einer
Künstlerfamilie stammende Studentin ihre «formation»
während der Kriegsjahre bei Alexandre Blanchet in
Genf. Die aus dieser Zeit erhaltenen kleinformatigen
Ölbilder mit Wegen, Strassen, Bänken, Cafes und Parks
ımreissen in Motivwahl und Malduktus schon das fol-