Full text: Jahresbericht 1999 (1999)

gende Euvre. Als Schlüsselbild entpuppte sich Wege, 
Jardin des Bastions von 1942; die Beiläufigkeit der Sze- 
nerie findet sich bereits ebenso wie die aufgeklappte 
3ildebene und die leere Bildmitte. 
{n Genf lernte Hanny Fries den Schriftsteller Ludwig 
Hohl kennen. Die intensive Annäherung an die Welt der 
Literatur liess nun das Zeichnen dominieren mit Illustra- 
tionen, etwa für die «Guilde du Livre» oder gar für Zei- 
tungsreportagen. Die nach Themen und Reisen geord- 
nete Auswahl aus einem immensen Fundus und Vitrinen 
mit Ansichtskarten, Korrespondenzen, Lieblingslek- 
türen erlaubten einen Einblick in den literarisch-zeich- 
nerischen Kosmos der Künstlerin. Die Ausstellung 
schloss mit dem Kapitel «The Remains of the Day», in 
dem eine noch verborgene Facette der Künstlerin an- 
deutungsweise sichtbar wurde: Nacht-Traum-Bilder, ver- 
dunkelt, geheimnisvoll. 
Gleichzeitig produzierte der NZZ-Verlag eine vorzüg- 
liche Monographie von Ludmila Vachtova, während 
Peter Münger und Valerie Fischer einen dokumentarisch 
biographischen Film drehten. Der grosse Verkaufserfolg 
der Retrospektive inspiriert die Künstlerin hoffentlich zu 
einem mit Spannung erwarteten Spätwerk. GM 
VIDEO - Aus der Sammlung 
Dank der Initiative von Ursula Perucchi, die 1979 mit 
dem Aufbau einer Sammlung begann, verfügt das Kunst- 
haus über einen international bedeutenden Bestand von 
Videotapes. Die Sammlung gibt einen repräsentativen 
Überblick über die Entwicklung des Mediums, von den 
späten Sechzigerjahren bis zur Gegenwart. Das Haupt- 
gewicht liegt dabei auf der schweizerischen, deutschen 
und US-amerikanischen Produktion der Siebziger- und 
der Achtzigerjahre. Die Sammlung ist ausführlich doku- 
mentiert und kommentiert in dem von Ursula Perucchi- 
Petri herausgegebenen Band: Künstler-Videos. Entwicklung 
und Bedeutung. Die Sammlung des Kunsthauses Zürich 
(Kunsthaus Zürich, Sammlungsheft 20; Buchausgabe: 
Ostfildern-Ruit: Cantz, 1996). Aufgrund der Fragilität 
von Videobändern wurde Anfang 1999 eine Sanierung 
der Sammlung in Angriff genommen. In deren Verlauf 
soll sichergestellt werden, dass die z.T. raren, fragilen 
Werke auch in den kommenden Jahrzehnten erhalten 
und vorgeführt werden können. Zu hoffen bleibt, dass 
gelegentlich auch der marginale Ankaufskredit, der für 
Videokunst zur Verfügung steht, deren Stellenwert im 
heutigen Kunstschaffen angepasst werden kann. 
Man kann getrost argumentieren, dass es der Sache 
eher gemäss gewesen wäre, das zwanzigjährige Bestehen 
der Videosammlung des Kunsthauses mit einer Veran- 
staltungsreihe zu begehen, in deren Verlauf eine Aus- 
wahl von Arbeiten sukzessiv und isoliert voneinander 
präsentiert worden wäre. Die Ausstellung, mit 12 Projek- 
uonskabinen und einer Installation als Zentrum, hatte 
dagegen den Vorteil der Indiskretion: sie wies nach- 
drücklich hin auf einen kleinen, diskreten, aber erfreuli- 
chen Teil der Sammlungen des Museums und sollte auch 
die langjährige Arbeit würdigen, die von Ursula Perucchi 
and - kurz, aber intensiv - von Bernhard Fibicher dafür 
geleistet wurde. In dieser Form einen repräsentativen 
Überblick über die Sammlung oder gar eine «Geschichte 
der Videokunst» bieten zu wollen, wäre indes wenig 
sinnvoll gewesen. Eine Ausstellung, die simultan eine 
grössere Anzahl von Programmen präsentiert, lässt nur 
sine bestimmte Art von Aufmerksamkeit zu, und längst 
nicht alle Videoarbeiten sind dafür geeignet. Manches 
muss für sich, isoliert, in Ruhe und konzentriert wahrge- 
nommen werden. Es gibt aber genügend Werke, die sich 
dem Zapping per Flanerie fügen, die kurze Erzähl- und 
Handlungseinheiten bieten und eine eher offene und 
seiläufige Wahrnehmung gut ertragen. Gezeigt wurden 
Arbeiten von John Baldessari, Stefan Banz, Sadie Ben- 
ning, Marie Jose Burki, Davix, Christoph Draeger & 
Martin Frei, Ursula Hodel & Jack Pierson, Christian 
Marclay, Muda Mathis, Pipilotti Rist, Dieter Roth, 
Roman Signer und William Wegman. TB
	        
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