Full text: Jahresbericht 1999 (1999)

abstrahierende Gesetzmässigkeiten als auf abbildungs- 
haften Illusionismus. So zeigen sich die geometrischen 
Muster der beiden Muscheln vorn links in flächiger 
Reinheit, während die Hell-Dunkel-Modellierung die 
unterschiedlichen stereometrischen Grundformen zur 
Geltung bringt. Bei der grossen Meerschnecke hingegen 
sucht der Maler durch eine offene, mit Farbe, Licht und 
Pastositäten spielende Pinselführung das Schimmernde 
des Perlmutters umzusetzen. Gegenüber dem Stilleben 
mit Römer und Halsuhr, das Pieter Claesz zur gleichen 
Zeit in Haarlem malte und das sich heute in der Stiftung 
Koetser befindet, erscheint das Pariser Werk als provin- 
ziell und archaisch rückständig und zugleich der 
modernen Bildauffassung näher. Darauf beruht wohl 
wesentlich die stille Faszination und der geheime 
Zauber, der dieses kleine Gemälde noch heute ausstrahlt. 
6 Zu Stoskopff, dessen Werk umfassend im Museum in der ehemaligen 
Dombauhütte in Strassburg studiert werden kann, neuerdings zwei 
ausführliche Publikationen: Birgit Hahn-Woernle: Sebastian Stoskopff 
(Stuttgart 1996, das Zürcher Linard-Stilleben S. 282 erwähnt, das Basler 
Vanitasbild Nr. 30); Sebastian Stoskopff 1597-1657. Ein Meister des 
Stillebens (Ausstellungskatalog Strassburg/Aachen 1997, das Basler Bild 
Nr. 5). 
7 Nr. 12 bei Segal 1988, Abbildung 185f mit einer 1640 datierten 
Variante bei Rosenberg 1995. 
8 Abbildung bei Fare 1974, 
Christian Klemm 
| Die neuste Übersichtspublikation zum Stilleben: Sybille Ebert-Schif- 
ferer: Die Geschichte des Stillebens (München 1998), S. 223f zur französi- 
schen Situation. Problemorientiert: Stilleben in Europa (Ausstellungska: 
talog Münster/ Baden-Baden 1979). 
2 Allgemein zum französischen Stilleben des 17. Jahrhunderts: Michel 
Fare: Le grand siecle de la nature morte en France (Fribourg 1974), S. 17-40 
zu Linard, den er zur Gründerfigur stilisiert, da der etwas ältere und 
wohl bedeutendere Stoskopff als Elsässer dafür nicht in Frage kommen 
darf. Anschliessend behandelt er die im Folgenden genannten Stilleben- 
maler. 
3 Pierre Rosenberg: Jacques Linard, «Peintre de coquilles» (In: Napoli, 
l’Europa. Ricerche di Storia dell’ Arte in onore di Ferdinando Bologna. Canta- 
zaro 1995, S. 231-234) erwähnt eine grössere Anzahl Muschel-Stilleben 
von Linard, das Zürcher Bild S. 232f. Wie die Abbildungen zeigen, 
findet er für das Thema ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Sam 
Segal: A Prosperous Past. The Sumptous Still Life in the Netherlands 
1600-1700 (Den Haag 1988; = Ausstellungskatalog Delft usw., 5. 77-92) 
schlägt vor, das Muschel-Stilleben als Teil des sog. Prunkstillebens zu 
betrachten und behandelt es in seinen Hauptvertretern wie ın den 
naturwissenschaftlichen, ikonographischen und ökonomischen Aspek- 
ten. Das Zürcher Bild erwähnt S. 88, abgebildet S. 89. 
4 Dazu Christoph Becker: Vom Raritäten-Kabinett zur Sammlung als 
Institution. Sammeln und Ordnen im Zeitalter der Aufklärung (Egelsbach 
1996). - Vgl. auch Hanns-Ulrich Mette: Der Nautiluspokal. Wie Kunst 
und Natur miteinander spielen (München 1995). 
5 Auf dies und ähnliche Metaphorica hebt geistreich ab: Gian Casper 
Bott: Der Klang im Bild. Evaristo Baschenis und die Erfindung des Musik- 
stillebens (Berlin 1997: = Diss. Zürich 1992).
	        
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