Boveri angezweifelt. Nun konnte anhand neu zugängli-
cher Akten die Frage definitiv geklärt und das Bild ins
Inventar aufgenommen werden. Sein besonderes Inter-
esse scheint uns darin zu liegen, dass hier wie in meh-
reren Kompositionen Freudweilers die zeittypische
Todesvorstellung Swedenborgs einen Ausdruck fand: das
verstorbene Mädchen erscheint in seinem «Geistleib»
und tröstet seine trauernde Mutter.
Frau und Herr Adolphe Stein, dem Kunsthaus seit
langem freundschaftlich verbunden, schenkten uns ein
besonders schönes und repräsentatives Werk von Jong-
kind. Selten gelingt es ihm wie hier, das Besondere einer
Szene - das Zusammentreffen der grossen alten Segler
mit der modernen Eisenbahn - in einem durchkompo-
nierten Bild zu gestalten. Im exakten Erfassen der Stim-
mung der feucht gesättigten Atmosphäre und im Reiz
zahlreicher malerischer Feinheiten entfalten sich seine
eigentlichen Stärken voll. Die Stellung im Werk vermag
wie wenige andere Gemälde seinen Beitrag zur Entwick-
lung der Landschaftsmalerei von Corot zu den Impres-
sionisten zu vergegenwärtigen. Das Zusammentreffen
mit der gleichzeitigen Le Havre-Ansicht von Monet wird
im Kunsthaus den künstlerischen Dialog der beiden
Meister exemplarisch demonstrieren. Zusammen mit
dem ungewöhnlichen Gemälde von Boudin, das wir
gleichfalls der Grosszügigkeit von Herrn Stein verdan-
ken, rundet es die kleine Sammlung französischer Bilder
des 19. Jahrhunderts vorzüglich ab.
Auch an Geschenken aus dem Bereich der Schweizer
Kunst fehlte es nicht: Frau Marina Staehelin-Peyer über-
liess dem Museum ein Familien- und ein Einzelportrait
ihres Gatten Willy Staehelin, des langjährigen Präsi-
denten der Vereinigung Zürcher Kunstfreunde, gemalt
von Varlin. Aus dem Hause Vitali kamen zwei charakte-
ristische Skulpturen von Antonio Vitali, dem bekannten
Entwerfer von Spielzeugen. Frau Lienhard vermittelte
die programmatischen Schriftrollen von Aldo Walker
aus seiner Installation im Helmhaus 1989. Die ebenfalls
im Berichtsjahr angefallenen, grosszügigen Legate von
Hugo Peters, Marta Meyer-Wagner und Irene Rüegg
konnten noch nicht abschliessend bearbeitet werden;
ihre Würdigung bleibt dem nächsten Jahresbericht vor-
behalten. Wir möchten auch an dieser Stelle den
Schenkgebern und Förderern der Sammlung herzlich
danken.
Bei den Neuerwerbungen ist wiederum an erster Stelle
eine Skulptur von Bruce Nauman zu nennen, Model for
Outdoor Piece, 1976, das das im Vorjahr erworbene Model
for Tunnel: Square to Triangle aufs glücklichste ergänzt. Es
handelt sich hier um das erste Werk Naumans mit
Modellcharakter; der architektonische Aspekt ist in dem
anspielungsreichen Mauergeviert noch dominant. Seine
psychophysische Aussage wird durch die Dimensionsan-
gaben, die die Durchgänge als eher für Hunde denn für
Menschen geeignet erscheinen lassen, verschärft. Die
Vertiefung in der Mitte weist auf mehrere Bodenarbeiten
und die Tendenz zu unterirdischen Vorstellungen
voraus, wie sie in der Serie der Tunnel-Modelle weiter
verfolgt wird. - Aus der sehr erfolgreichen Ausstellung
von Hanny Fries haben wir das charmante Gemälde mit
dem so charakteristischen Sujet Die geschlossenen Kioske
ausgesucht. Die mittlere Generation ist mit Beat Zodereı
vertreten, der in immer wieder neuer, überraschender
Weise die Ansätze der konstruktiven und konkreten
Kunst mit vorgefundenen, alltäglichen Materialien wei-
terentwickelt, gewissermassen Lohse durch die Augen
Schwitters gesehen. Ganz ähnliches findet sich bei
frühen Arbeiten Thomas Hirschhorns, doch durch ihren
inhaltlichen Themenbezug erhalten seine neueren Akku-
mulagen einen prinzipiell anderen Charakter. Die
Zusammenstellung 33 Ausstellungen im öffentlichen Raum
1998-1989 erhält als Dokumentation zahlreicher solcheı
[nstallationen und ihres ephemeren Daseins ein beson-
deres Interesse; es ist quası eine Meta-Akkumulage.
Bei den Photographien hat Olaf Breuning mit seinem
anspielungsreichen Gruppenbild mit Freunden Zhey
Live!, 1999, einen neuen Grössenrekord aufgestellt. Die
Gruppe Junge Kunst, ın verjJüngter Zusammensetzung,
konnte zwei umfangreiche Werke aus diesem Bereich
erwerben. Olafur Eliassons Inselserie zeichnet sich durch
formale Präzision wie durch poetische Evokationskraft
aus: eine Serie von 7 mal 6 Aufnahmen kleiner Inseln,
die der landschaftlichen Sensibilität des Isländers offen-
sichtlich besonders entsprechen. Die Diaprojektion
Müushrooms von Fischli/Weiss lässt Pilzbilder in wunder-