Full text: Jahresbericht 2000 (2000)

Carte-de-visite 4: 
Funde aus dem Fundus 
Der Museumskeller, das «Depöt», wo sich all das auf- 
hält, was nicht in grössere, vorhandende präsentier- 
fähige Gruppen einfügbar ist, ebenso das schlicht zu 
Voluminöse, das Rahmensprengende, auch das, was 
zu fragil ist, um sich immer dem Licht und dem Be- 
sucherstrom auszusetzen, hat es in sich, die Phantasi- 
en zu entzünden. 
Diese Ausstellung zeigte nun also die Früchte eines 
ausgedehnten unterirdischen Spaziergangs, bei dem 
nach dem Prinzip von Anziehung und Abstossung 
aussortiert wurde, was in Hinblick auf temporäre 
Nachbarschaften «elektrische» Affınitätspotentiale zu 
bergen versprach. So fanden eine grosse Gruppe 
früher Hodler-Porträts mit Photographien von Con- 
stantin Brancusi zusammen in einem Raum, wo die 
Balkenhol-Skulptur «Mann auf Kugel» vor den mate- 
riell kosmischen Auflösungsmustern eines stupenden 
zrossformatigen «Lackskin» von Andre Thomkins aus 
dem Jahre 1963 zu stehen kam. Während William 
Hogarths «Analysis of Beauty» von 1753 die augen- 
zwinkernde Ermunterung zu «antiklassischer» Be- 
trachtungsweise lieferte, fanden ım Lichte eines Werks 
von Dan Flavin eine Gruppe aus verschiedensten Jahr- 
zehnten des 20. Jahrunderts, von Augusto Giacometti 
über Lucio Fontana zu Piero Manzoni, Ellsworth 
Kelly und Christopher Wool auf geradezu natürlich 
abgeklärt wirkende Weise zusammen. BC 
Carte-de-visite 5: 
Bruce Nauman, sein eigener Nachbar 
Nach den dicht gehängten vorhergehenden cartes-de- 
visite ein Feiern der Werke in und mit dem Raum ei- 
nes einzelnen Künstlers, dessen Werk den Ausgangs- 
punkt bildet für den bisher letzten Sammlungs- 
schwerpunkt. Bruce Nauman, 1941 in Fort Wayne (In- 
diana) geboren, gehört zur Generation von Künstlern, 
die Ende der sechziger Jahre eine wahre Revolution 
der Seh- und Empfindungsgewohnheiten ausgelöst 
haben: den erweiterten Umgang mit dem eigenen 
Körper und die Kreation eines neuen Skulptur- und 
Monumentenbegriffs. Das Kunsthaus besitzt von ihm 
Zeichnungen und Graphiken, sowie frühe Videos und 
seit kurzem zwei Plastiken Model for Tunnel und Model 
for Outdoorpiece aus den späten siebziger und frühen 
achtziger Jahre, experimentelle Auseinandersetzungen 
mit plastischen Problemen und mit Konstellationen, 
die die Bewegungsfreiheit des Menschen beeinträchti- 
gen und verändern. HSz 
Vom Sinn für das Wesentliche — 
Erwerbungen der Ara Baumann 
Anlässlich der Emeritierung von Felix Baumann wur- 
de ein Rückblick auf die von ihm wesentlich mitge- 
prägte Erweiterung der Sammlung im letzten Drittel 
des Jahrhunderts präsentiert. Rings um den vorderen 
Raum liefen chronologisch in drei Registern die Re- 
produktionen der Erwerbungen aus den Jahresberich- 
ten: zuunterst der Basso continuo der jeweils aktuel- 
len Schweizer Kunst, in der Mitte die nicht selten ge- 
wichtigen Ergänzungen vorhandener Schwerpunkte 
und zuoberst der Aufbau neuer Sammlungskomplexe: 
die Amerikaner, die Konkrete Kunst, vor allem DA- 
DA, später die neue figurativ expressive Malerei, ins- 
bes. Baselitz, und schliesslich in den neunziger Jahren, 
als der noch stets gleiche Ankaufskredit weitgehend 
entwertet war, Cy Twombly und Bruce Nauman. Als 
autonome Akzente in dieser Abfolge erschienen die 
drei grossen Schenkungen Johanna und Walter 
L.Wolf, David M. Koetser und Walter Haefner. In der 
Saalmitte wurden ein paar ältere Meisterwerke, in den 
hinteren Räume herausragende Beispiele aus den neu- 
en Schwerpunkten zur Geltung gebracht. ChK 
Jawlensky in der Schweiz 1914 -—- 1921 
Begegnungen mit Arp, Hodler, Janco, Klee, Lehmbruck, 
Richter, Taeuber-Arp 
Alexej von Jawlensky (1864 - 1941) gehörte wie seine 
Freunde Klee und Kandinsky zu den Pionieren der 
modernen Malerei. Nach verschiedenen Retrospekti-
	        
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