AUSSTELLUNGEN
Johann Cas par Lav ater (1741 –180 1)
Das A ntlitz – eine Ob session
Anlässlich seines 200. T odestags wurde Johann Caspar
Lavat ers Leben und Werk in seiner Heimatstadt im
Grossen Ausstellungssaal des K un sthauses umfassend
gewürdigt. Bewundert und befeindet, ist die ‹Physio-
gnomik› untrennbar mit sei nem Namen verbunden. In
seinem Leben und Werk spiegelten sich Lic ht- und
Schattenseiten der Aufklärung. Als S tudienmaterial für
seine Erforschung des Menschen baute Lavat er eine
ausufernde Sammlung von Zeichnungen und Druck-
grap hik auf. Di eses 22102 Blätter in 911 Schubern
und P ortefeuilles umfassende «Kunstkabinett» ge-
lan gte nach Lavat ers Tod nach Wien und wurde 1827
vom Kaiser erworben. Erst in den letzten Jahren wurde
es in der Öste rre ic hischen N ationalbibliothek auf gear-
beitet. Eine repräsentative A uswahl von rund 450 Blät-
tern veranschaulichte Theorie und Praxis von Lavat ers
physiognomischem Sehen und seine Beziehungen zur
Kunst und zu den Künstlern seiner Zeit. Eine Reihe
von Lavaterbildnissen und von Christusdarstellungen
verdeutlichte die U nmöglichkeit, im Porträt den ein-
zelnen Menschen und sein U rbild in Jesus zu erfassen.
Der einführende biographische Teil dokumentierte
Lavat ers weitverzweigtes Bezi ehun gsnet z. Anhand aus-
gewählter P ort räts von Zeitgenossen entstand ein Bild
der Gelehrtenrepublik des 18. Jahrhunderts; Einblicke
in seine Korrespondenz vermi tte lten eine V orstellung
von der Fülle der Kontakte in einer mitteilsamen und
schreibfreudigen Zeit. In einer Evokation des Studier-
zi mmers mit Familien- und Freundesbildern, L avate-
riana und Curiosa wurden Erinnerungen an Lavat ers
charismatische Ausstrahlung und seinen liebenswerten
U mgang mit den Mi tmen schen lebendig. Die Ausstel-
lung schloss mit einer Auswahl bedeutender Gemälde,
die entweder Lavate rs Physiognomik beeinflusst hatte n
(Kauffman n, Greuze, Chodowiecki) oder von ihr
geprägt worden waren (Füssli, B lake, T ischbei n, Saint-
Ours, Girodet de Roucy-T rioson). Der Ausstellungsge-
stalt er Si lvio Schmed konzipierte diese bei den Teile
quasi als Chor und Schi ff einer Kirche, Bühne und
Zuhörerraum der V eranstaltungen.
Die Br isanz des T hemas in unserer von den Bild-
medien behe rrschte n Zeit zeigte sich in den gut
besucht en Begleitveranstaltungen. Unter den n amhaf-
ten Referentinnen und Referenten der Donnerstags-
vorträge, die von den Professoren Karl Pestalozzi und
Ulr ich Stadler konzipiert und betreut wurden, bestie-
gen Peter von Matt, N orbert Miller, Gottfried Boehm,
U rsula Caflisch-Schn et zler , Adolf Muschg, Claud ia
Schmölders und Marianne Sc huller das Rednerpult.
Maria Becker beehrte uns mit einer Lesung aus Texten
von Lavater und Zeitgenossen.
Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit der
P orträtsammlung der Österreichischen Nationalbib-
liothek in Wien und der Zentralbibliothek in Zürich.
Sie wurde von einer Arbeitsgruppe unter Dr. Conrad
Ulrich (Forschungs-Stiftung Lavater Zürich) als Spiritus
rector und Guido Magnaguagno konzipiert. Nach sei-
nem Wechsel ans Tinguely-Museum oblag die Leitung
der Ausstellung dem Unterzeichneten. BvW
Alberto Giacomett i
Die grosse Retrospektive zum hu nde rtsten Geburtstag
des bedeutendsten Schweizer Künstlers des 20. Jahr-
hunderts bot nicht nur einen repräsentativen Über-
blick über das reife Werk, sondern vereinte e rstmals
auch alle Skulpturen der kunsthistorisch so wichtigen
surrealistischen Periode. Möglich wurde dies durch die
reichen Bestän de der Alberto Giacometti-Stiftung und
dank dem M useum of Modern Art, das den Palais à
quatre heures du matin ausli eh und die Ausstellung
anschliessend in New York zeigte. Wie in Bosketten
eines formale n Garten s, in dessen Mittelpunkt die 14