Full text: Jahresbericht 2001 (2001)

grosse, zuvor nie gezeigte F igure dans un j ardin stand, 
konnten die ebenso faszinierenden wie unterschied- 
liche n Objekte nach ihren Gestalt ty pen und Motiven 
gruppi ert werden, so dass sich quasi eine T opographie 
von Albertos plastischem Denken von 1925 bis 1934 
ent falte te. Eine dunkle Überg angszo ne evozierte die 
anschliessenden zwölf Jahre des ei nsamen Suchens 
nach einem neuen, phän omen olog ischen Re alismus. 
Der grösste Raum vereinte die berühmte n dünnen 
Figuren der Nachkriegszeit; die erschreckende Nase 
und die Skulpturen von Körperfragmenten zeigten das 
Wurzeln der neuen Auffassung in der surrealistischen 
T radition, ein Zusammenhang, den Tobia Bez zola in 
einem grundlegenden Katalogbeitrag philosophisch 
erläut erte . Im reifen Werk wurde besondere Aufmerk- 
samkeit auf die A uswahl der Gemälde und Zeichnun- 
gen gelegt; die Anordnung verdeutlichte die Entwick- 
lungsdy nami k im Austausch der Gattungen und 
zuglei ch die Lebensräume und persönlichen Beziehun- 
gen Albertos. Die innere Einheit des Gesamtwerkes 
betonte die Abfolge der grossen F rauenfiguren von 
der Femme cuillère über das Objet in visible und den 
Chari ot bis zur Gr ande femme von 1960 auf der Mittel- 
achse des Ausstellungssaales. – Eine A uswahl von 
Photographien von Ernst Scheidegger im Graphischen 
Kabinett rundete die Retrospektive ab, die sowohl bei 
den Besuche rn wie bei der Presse g rossen Anklang 
fand. ChK 
Bilderschatz. The Best of Kunsthaus 
Mit der A usstellu ng Bilder s chatz haben wir eine kleine, 
hochk aräti ge Auswahl von Kunstwerken aus der 
Sammlun g des Kunsthauses in den Bührle-S aal geholt. 
Das Sammeln musealer Kunst am Kunsthaus geht zu- 
rück bis vor die Wende zum 20. Jahrhundert, und es 
schien Zeit, ei nmal das Erreichte in einer grosszügigen 
Raumfolge in den markantesten Positionen in Augen- 
schein zu nehmen. Sichtbar wurde ein Spektrum, das 
von den alten Meistern bis zur zeitgenössischen gross- 
formati gen Photographie reicht, und in dem durch 
neue und teils überraschende Konstellationen zwi- 
schen einzelnen Gemälden, Plastiken und W erkgrup- 
pen ein komplexes Bild entstand. Die Zür cher Samm- 
lung, die durch privates Engagement von S ammlern 
und Gönnern in ausgezeichneter Weise bereichert 
wurde, so hat sich gezeigt, brauc ht keinen V ergleich 
mit anderen bedeutenden M useen in Europa zu 
scheue n, und sie ist so umfangreich und qualit ätsvoll, 
dass der Man gel an Raum im Kunsthaus einmal mehr 
als Frage und A ufgabe im Hintergrund auft auchte . An- 
lässlich der A usstellun g konnten ein neuer Audioguide 
vorg estellt und ein Beschriftungssystem für die Aus- 
stellun gen und die S ammlung erp robt werden, das bei 
unseren Besuchern gut angekommen ist. Begleitet 
wurde das gesamte facettenreiche Projekt von der Swiss 
Re, die den Aspekt der Nachhaltigkeit des Sammelns 
und A usstelle ns grosszügig gefördert hat.              ChB 
SADE / SURREAL – Der Marquis de Sade und die 
erotische Phantasie des Surrealismus in Text und Bild 
Die Werke des Donatien Alphonse Marquis de Sade 
(1740–1814) wurden von der surrealistischen Bewe- 
gung in den zwanziger Jahren des zw anzi gsten Jahr- 
hunderts für sich entdeckt. Die Surrealisten waren die 
erste n, welche Sade – bis dahin höchstens ein Fall für 
die Kri min algeschi chte oder die Se xualpatho logi e – als 
einen Autor, als einen Künstler, ernst nahmen. Die 
Künstler und Literaten im Kreis um André Breton 
stand en so am An fang einer literaturwissenschaftlichen 
Rezeptions- und Editionsgeschichte, die Sade heute (in 
Frankreich zumindest) zu einem mit allem akade mi- 
schen Ernst diskutierten und edierten Klassiker ge- 
macht hat. Die Surrealisten verstan den Sades Werk 
nicht mehr als Feier des Entsetzlichen, sond ern als die 
kü nstler ische Reflexion di eser Feier; nicht mehr als 
F allstud ie eines pathologischen T riebs, sondern als 
kü nstler ische Gestaltung des T riebhaften. Bewundert 
wurden nicht G rausamkei t und Hemmungslosigkeit 
an sich, gepriesen wurde Sade als Exempel grenzenlo- 
ser Phantasie, die dem Subjekt in seiner Kerkereinsam- 
keit unbeschrän kt e Ausschweifungen bietet. Insofern 
ist das eigentliche Sujet der Sade-inspirierten oder Sade 
beschwörenden Bilder des Surrealismus das surrealisti- 
sche Bild des Künstlers, w elches der «göttliche Mar- 15
	        
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