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In hohem Mass war unser Atelier durch die Vorberei-
tung s arbeiten für Ausstellungen beschäftigt. Im Rah-
men der d ie sjährigen «Bilderwahl ! » stand zunächst
die Restaurierung des «Höll ensturzes» des Zür cher
Nelkenmeisters auf dem Programm. Bei der T r ennung
der Vorder- und Rückseite dies er Altartafel wurden
grössere B ildpartien durch die Bands äge zerstört; um
1932 ersetzte der Restaurator Benz die älteren, eher
flauen Ergänzungen ohne grosse Rücksicht auf den
spätgotischen Stil mit gr oben Pinselzügen im expres-
sionis tischen Zeitgeschmack. Die Wichtigkeit dieses
Werkes und das Ausmass der Fehlstellen v erlangt
nach Er gänzungen, die sich vom stilistischen und
kunsthistorischen Standpunkt aus rechtfertigen las-
sen. Durch eine Reihe von Studien wurde eine f undier-
te, neue Lös ung e rarbeitet. Zu diese r Werkpräsenta-
tion gehörte auch die Holztafel «Heilige Familie und
Stifter» aus der W erks tatt des Joos van Cleve, die das
Kunsthaus vor zwei Jahren mit dem Legat von Marta
Me yer-W agner entgegen nehmen durfte. In zwei Teile
zerbrochen, musste sie neu verleimt werden. Ein stark
verbräunter Firnis verdeckte die F arbschi cht, den wir
nicht ganz e ntfernte n, s ondern – wie bereits öfte rs mit
Erfolg erprobt – in Stufen r eduzierte n, so dass die
O berfläche der originalen Malerei völ lig unberührt be-
las sen werden k onnte und den ausgebleichten hellen
Partien der Inkarnate eine genügende tonale Stützung
verblieb. Wie beim «Höllensturz» ist auch die Arbeit an
dieser Tafel im nächsten Jahr durch ein Ausgleichen
des Firnisses und der Re tuschen zu Ende zu führ en.
Einen weiteren Schwe r punkt bildete die Ausstel-
lung «Rudolf Koller». Viele s einer Gemälde fristeten
einen Jahrzehnte dauernden Schlaf im Depot und hat-
ten eine gezielt e, sorgfältige Reinigung ihrer Oberflä-
che ver dient. Bei diese r Gelegenheit boten sie einen
erhellenden Einblic k in ihre maltechnischen Geheim-
nis se. Zur Vollendung seiner Gemälde bedien te sich
Koller gefärbter Firnisse, um einen einheitlichen
Gesamtton zu err eichen und zugleich die V olumina der
Menschen und Tierk örper sowie die Raumtiefe zur
optimalen Entfa ltung zu bringen – eine Eigenschaft,
die allerdings nur durch eine helle, gelbtonige
Be l euchtung zur Wirkung k ommt.
Selte n kann bei einer R es taurierung ein so uner-
w artet positives Resultat erreicht werden, wie dies bei
Johan Barthold Jongkinds «Le port de chemin de fer à
Honfleur» von 1865 zu erleben war. Die Malerei lag
unter einem relativ ge ringfügig gelben Firn is. Da unser
Bild als urs pr ünglich nicht gefirnisste Freilichtstudie
zu erkennen war, gedachte man, es artgerecht zu
e rschlies sen. Erst anlässlich der Firnisabnahme ge-
w ahrten wir, wie sehr dieses Gemä lde neben der
spontanen, zeichnerischen A usprägung von der fein
abgestimmten Farbigkeit lebt. Vor dem verfehlten
Firnisauftrag erfuhr die Oberfläche eine forcierte
Reinigung, bei der die P atina zum Teil getilgt wur de.
Dies führte dazu, dass selbst die mässig ausgebleich-
ten, hellen F a rbtöne gegenüber den dunkleren, kontur-
bildenden Partien zu wenig zur Wirkung gel angten.
Deshalb fehlte dem Bild die ursprüngliche Kohärenz
z wischen Farbe und Form. Durch ein gezie ltes Nach-
patinieren erreichten wir eine wesentliche Stützung
der ausgebleichten Töne, so dass sich das Werk nun
un eingeschränkt in se iner präzis ausgewogenen Qua-
lität und Frische präsentiert. PP
Begleitung des Umbaus
Hanspeter Marty vertrat we iterhin das Kunsthaus im
Projektteam Bau, was sein Pensum voll in Anspruch
nahm. Er k ümmert sich um die Bela nge des Mus eums
und die Koor dination, trägt die Bedürfnisse und
Ansprüche im Hause zusammen und br ingt diese in
der Projektleitung des Umbauteams ein.
Der erste Teil des umfassenden Sanierungspro-
gra mms k onnte mit der Eröffnung der neuen Räume Restaurierung