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die «plas tische Handschrift» in jeder Linie sichtbar
macht.
Pierr e Haube nsak beh errscht eine breite Skala
von zeichnerischen Mitteln: In den frühen Arbeiten
bevorzugt er die Feder in T usche, dann kommen Gra-
fitstift, Kr eide, Kohl e, Farbstift und Pins el hinzu. In den
letzten Jahren, insbesondere bei den «Cityscapes»,
häuft sich der Gebrauch der Ölkreide (Oilstick) und der
T usche; auch die Acr ylf arbe, die in den siebziger Jah-
ren von der Ölfarbe abgelös t worden war, kehrt in den
Arbeiten auf P apier wieder zurüc k. Unkonventionell ist
die V erwe ndung des Scher en schni tts und der Schablo-
ne im Vorfeld der «Cityscape»-Bilder, der Richtwerk-
zeuge wie Linea l, Hol zlatte n, Papierstreifen, um Ge-
raden zu ziehe n und scharfe Kanten zu erzeugen.
Die verw endete n Papiersorten stehen in engem
Zusa mmenha ng mit dem F ormat und der F unktion
seiner Zeichnungen. Für kleinere F ormate verw endet
er das handels üblic he Zeichen- und Schreibpapier, für
mittlere und grosse dagegen ein qua litativ hochwerti-
ges Büttenpapier . Bei Pierr e Haubens ak gibt es kaum
Skizzen, Studien und Entwürfe als Vorbereitung auf die
Malerei wie beim gleichaltrigen Maler R obert Man-
gold; er führt auch keine Skizzenbücher oder «Work
Books » wie Brice Mar den, um seine Bildideen zu ent-
wick eln. Die tagebucharti ge Notiz sucht man vergeb-
lich, so wie jeden direkten a utobiographischen Bezug.
Pierr e Haubens ak arbeitet auf dem P apier wie auf
der Leinwa nd in grossen Zyklen ohne bes timmtes
Konzept; nach oft jahrelanger Aus einanders etzung
schält sich ein Thema hera us, das rückblick end in sei-
nen Entwicklungsphas en rekonstruiert werden kann.
Die innere Geschlossenheit jedes einze lnen Werkes,
seine Autonomie, erschliesst sich erst ric htig im
Zu samm enhang mit einer grösseren thematischen
Werkgruppe. Dabei behalten auch solche Zuordnun-
gen etwas Provisorisches, so dass Pierre Hauben sak
un ters c hiedliche Titel für ähnliche Them en verwendet
und sie meistens nur als Nebentitel zwischen Klam-
mern gelte n lässt. Beze i chnungen wie «Schlacht»,
«Forêt», «Vierge», «Groteske», «Netzwerk», «Gitter»,
«Tetras», «Ne tz», «Cros slines », «Citysca pe» scheine n
a bsic htlich so gewählt, dass sich beim Betrachte r ein
weiter As soziationsraum öffnet, dessen Bezugspunkte
ebenso auf die Wirklic hk eit im Bild wie auf jene
ausserhalb des Bilde s verweisen. «Auch Bilder sind in
einem gewissen Sinn Netzwerke von Bezugspunkten
innerhalb und ausserhalb der
Bildfläche.»4
Überblicken wir Pierre Haubensaks Zeichnungen
und Arbeiten auf P apier der letzten fünf undzw anzig
Jahre, dann mag die verwirr ende Vielf alt zunächs t
überraschen. Auffallend ist, wie Pierre Hauben sak
durch Anspielungen, Wiederholungen und Verwand-
l ungen thematis c he Bezugspunkte bildet, die er so
lange umkreist, bis sich im Netzwerk der Zeichnungen
eine Konstellation von M otiven, ein bes timmtes bild-
nerisches Problem, eine veränderte Sicht auf die Wirk-
lichkeit oder gar eine neue B ildidee verfängt. Selten
e rlangt eine diese r Optionen die O berhand. In der
Zeichnung bewa hrt sich Pierr e Haubens ak eine Leich-
tigk eit und Offenheit, wie sie heute bei kaum einem
anderen zeic hne nden Maler a nzutr effen ist. Versuchen
wir, einige dies er B e zugspunkte näher ins Auge zu fas-
sen, so stossen wir schon auf die erste Schwierigkeit.
Die prägnanteste Bildidee hat Pierr e Haubens ak aus
heutiger Sicht zweifellos in den «T etras» verwirklicht .