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Sie s tanden im Zentrum der He lmhaus -Aus stellung
von 1996 und gehören s eitdem zu den stillen Err un-
genschaften einer Malerei, die sich über die Demarka-
tions linie des Modernismus hinaus beharrlich weiter-
entfaltet. An der Bildfo lge der «T etras » arbeitete
Pierre Haubens ak von 1988bis 1995 jedoch nicht aus-
schliesslich, denn gleichzeitig entwickelte er die Fol-
gen der Netzwerke und Gitterstrukturen, die zu gross-
formatigen Arbeite n auf P apier gediehen und später
zusammen mit den geometrischen Scherenschnitten
zur diagona l vergitterten Folge der «Crosslines» und
«Cityscapes» führten. Gewissermassen unterwandern
diese ganz aus dem ze i chnerischen Ges tus hervor-
gegange nen dynamischen Netzwerke das s tatische
Bildraster der «T etras», berauben die stille Grösse der
Malerei ihres Pathos und ve rknüpfen sie mit dem
«unterirdischen» Rank enwe rk der Zeichnung. Ein Vor-
gang, den man bei Pierr e Haubens ak in vielen ent-
scheidenden Pha sen be obachten kann. Das Bild steht
nicht abgehobe n über dem Fluss der bildnerischen
Produktion, vielme hr lebt es von der dial ektischen
Spannung zu gegenläufigen Tendenzen, nimmt diese
vorübergehend in sich auf und erliegt, wie die «T etra s»
bes onders eindrücklich zeigen, nach einigen Jahren
dem Ans turm neuer Bildgedank e n.
Wie ber eits erwähnt, werden die Errungenschaf-
ten der Abs traktion in den Jahren nach 1974 am Ge-
gens tändlichen überprüft, um daraus Schlüsse zu zie-
hen, die für den ganzen weiteren V erlauf von Pierr e
Haubensaks bildnerischer Arbeit von entscheidender
Bedeutung sein werden. Diese von 1974 bis 1988
bes onders prägnant in den Ze i chnungen entwickelten
bildnerischen Elementarkräfte lassen sich mit vier
Begriffspaaren umschreiben: Fläche und Raum –
Struktur und Rhythmus – Gegenstand und Illusion –
Ornament und Arabeske. In den Jahren nach den
«T etras» wird zwar konsequent an einem geometri-
schen Raumgitter festgehalten, doch nur um den Preis
einer rasanten Auflösung der orthogona l en Bildor d-
nung. An ihre Stelle tritt in den «Cityscapes» eine
dynamische Bildfeldrasterung mit diagona l sich über-
kreuzenden Linienverläufen. Ohne gegens tändliche
Anl eihen, allein durch die repetitive, skizzier e nde Ver-
fahrensweise des Bildermachens wird hier durch
Bew egung, Verdichtung und Dehnung des Raumes,
zusa mmen mit dem von innen ge st eigerten Bildlicht,
eine erlebte P ers pektive erzeugt.
Bernhard von Waldkirch
1 Pierre
Haubensak, Akrylbilder und Zeichnungen, Werke von 1963 bis
1974, Katalogbr os chü r e mit Text von Pierrre Haubensak, Zürich: Gale-
rie Renée Ziegler, 1974. Mit 26 abgebildeten W erken, davon 17 Zeich-
nu ngen.
2 Pierre
Haubensak, Arbeiten auf Papier 1 977–2002, mit einem Text
von Bernhard von Waldkirch, Bente li Verlags AG: Wabern/Bern, 2002.
Publikation zur Ausste llu ng im Kunsthaus Zürich, 8. 11.2002–
16.2.2003. Vgl. S. 15–16
3Rose,
Bernice: Zeichnung heute – Drawing Now, in: Ausstel lun gska -
talog Zeichnung heute – Drawing Now. Eine Ausstellung des Muse ums
of Modern Art, New York, zusammengestellt von Berni ce Rose, Re-
dak tion der deutschen Ausgabe: Dr. Erika Gysling-Billeter, Zü rich:
Kunsthaus Züri ch, 1976.
4 Haubensak,
Pierre: «Netzwerke sind überall wirks am ...», in: Kon-
tacht, Lese r- und Schr eiber-Zeitung für Zürichs Kreis Acht, Nr. 50,
Mitte Mai 1987.