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Viele Leute haben 2003 die Sa mmlungsräum e
besucht, denn bis im Oktobe r blieb der grosse Wech-
selausstellungssaal geschlossen. Die «subve rsive »
Einschleusung der täuschend echten Gestalten von
Duane Hans on in den Bereich der amerikanischen
Kunst ergab sehr anregende Wechselwirkungen vor
allem mit der Pop Art, die dank dem Legat Burgauer
im Kunsthaus nun vorzüglich vertreten ist. Bereits im
September begann – mit der Räum ung des Oberge-
schosses des Flüge ls gegen die Rämistrasse – die
Leerung des Altbaus für die nächste Renovations-
etappe. Parallel konnten die neue n, trefflich ausge-
statteten Kunstlager im Bührletrakt be zogen werden,
wo rauf im November der Müllerbau für den Abbr uch
der provisorischen Depots zu schliessen war.
Trotz all dies er Umtriebe nahm der A usbau der
Samml ung s einen diskreten und erfreulichen Verlauf.
Die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde erwarb seit
lange m wieder ein A ltmeis ter-Gemä lde – 1948 war es
die «Geis s elung Christi» eines Konstanzer Meisters,
die das Sammel n im Ber eich s pätmittela lte r licher
Malerei abschloss. Um 1500 voll zog sich in Reforma-
tion und Hochrenaissance ein Entwicklungsschritt,
der für die e ur opäische Mentalität und Kunst bis ins
19. J ahrhundert grundlegend blieb. Das nun e rwor-
bene Bild des «Kreuztragenden Christus» von Barto-
lomeo Montagna v ermag in seiner Mo nument alität
und psy c hischen Intensität diese im Kunsthaus bisher
nicht präs ente Epochenschwelle eindr ücklich zu ver-
anschaulichen und zugl eich zwischen den Tafeln der
Spätgotik und Frührenaissance und den Gemälden des
Bar ocks zu vermitteln . Mont agna (1450 –152 3) bildet e
sich in Venedig bei Bellini aus, war der führ ende Maler
seiner Gene ration in Vicenza und erhielt wicht ige Auf-
träge aus den umliegenden Städten von Verona bis
Padua, wie auch seine Kunst im engen Austausch mit
den a ndern Meistern diese r Blüt ezeit der veneziani-
schen Malerei s teht. Das Thema des kreuztragenden
Christus vergegenwärtigt am intensivsten die im
Zentrum der damaligen Frömmigkeit stehende Imita -
tio Christi in der direkten Aufforderung des Gläubigen
zur Nachfolge in der Passion. Der Bildtyp verknüpft
mehrere für die Aufwertung des Tafelbildes entschei-
dende Elemente: die byzantinische Ikone, das spät-
gotische Andachtsbild als k onzentrierender Aus-
schnitt aus einer biblischen Szen e, das neuartige
halbfigurige Historienbild. Bes onders interessant im
Hinblic k auf die Moderne ist neben der geometrischen
Strenge der Gestaltung die Betonung der Bildfläche
durch das Kreuz, ein illus i o nistisches Element, das
den Bildraum mit Christus und den realen Raum des
Betrachters verknüpft.
Eher kammermusikalisch sind die Ensemble von
Geschenken, die von den Altmeistern bis zur Schwelle
der M oderne führ en. Das Legat von Frau Leonie
Tobler, das wir bereits im letzten Jahresbericht ankü n-
digen durften und im Wesentlichen ein Kupferstich-
k abinett in nuce vorstellt (s. S. 73), enthält auch ein
paar kleine Gemälde, darunter die reizende «V enus
und Amor im Zeichen der Zwillinge» von Filipp o Lauri
und zwei f rische Ölskizze n von Frank Buchser und
Théodore Steinlen. Zusa mmen mit einer ebenfalls
überdurchschnittlichen Ölstudie des Pilatus von
R obert Zünd, die wir Frau Züst-Feller verdanken,
bereichern sie einen bisher eher schwach vertretenen
Aspekt der Schweizer Malerei des 19. Jah r hunderts. Sammlu ng