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Das Gleiche gilt für die schöne Landschaft von Fran-
çois Diday, die Dr. W erner E. Sebes dem Kunsthaus
schenkte, ein Spätwerk, das in s einer atmosphärisch
weichen Stimmung und dem r uhigen Motiv am Lac
d’ A nnecy die früheren heroisch-romantischen Ge-
birgs sze nerien hinte r sich lässt und von der neuen
«paysage intime» berührt erscheint. Mit der Schen-
kung aus der Samm lung von Rolf und Margit Wein-
berg kommt erstmals eine Arbeit von Jean Augus te
Dominique Ingres, ein f rüher männlicher Studienkopf,
in die Sa mmlung; das interessanteste der vier Ge-
mälde ist eine farblic h wie malerisch ebens o subtil e
Kopie von Edgar Degas nach einem enigmatischen
Renaissance-Porträt im Louvr e. Aus der Bereinigung
der Verteilung des Legate s von Curt und Erna Bur gau-
er zw ischen dem Kunstmuseum W interthur und der
Zür cher Kunstgesellschaft erhielt diese ein weiteres
Frühwerk von Hockne y und das kleine Gemälde
«Vögel» von Max Ernst, das ein reizvolles Paar mit dem
«Les cages sont toujour s imaginaires» bildet.
Die Diskussionen im «Kunstrat», in dem sich die
Konservatoren des Hauses regelmässig treffen und
u.a. die Ankäufe besprechen, kreisten w eiterhin um die
spannenden neuen E ntwicklungen im Bereich der
Malerei. Die Bedeutung Bernard F rizes für die mit
sinnlicher Lust an Farbe und M aterial gepa arte kon-
zeptuelle E rfor schung des M ediums Malerei erweist
sich immer entschiedener; die zehnteilige Arbeit
«V auxhal l» verdeutlicht im Kontras t zu dem im letzten
Jahr erworbenen «Agencé» s einen Ans atz in der
Thematisierung des Herstellungsprozesses. Ein un-
mittelbares Auskosten der Farbpaste bietet die
Schweizerin Pia Fries. Bei Ralph Fleck und M arkus
Gadient kommt zu der Entwicklungsarbeit am Malen
als weitere Dimens ion und Komplik ation die U mset-
zung realistischer Elemente; bei dem «W ildens tein
Zykl us» des Baslers treten die eigenw erti gen Pins el-
züge und F arbflächen in ein traumhaft schwebendes
Wechselspiel mit Anmutungen von Bäumen und Land-
schaftsräumen. Diese visue ll und geis tig so anregende
Wandelbarkeit, Polyvalenz oder simultane Mehrdeu-
tigk eit in vieler aktuellen Malerei thematisiert der Pole
Wilhe lm Sas nal auch inhaltlich in s einer «Bromba»,
einem proteushaften Wesen aus einem pol nischen
Kinderbuch. Andere Künstler e rneuern das klassische
Medium im Dialog mit den neuen Techniken, so Sil via
Gertsch oder Julia n Opie, dessen grossformatige
Arbeit einem Beitrag von Gus tav Zumsteg verdankt
wird. Die grosse Überraschung dies es Jahres aber war
Francis Alÿs. Aus seiner kleinen, aber faszinierenden
Aus stellung (s. S. 15) konnten wir das Diptychon «The
two sisters» und eine G ruppe dazuge hör ender Zeich-
nungen e rwerben. Der Austausch von hellen und
dunklen Gliedmas s en der beiden Schwestern f indet
sich erstaunlicherweise auch in unserer kl einen Tafel
«Cos mas und Damian heilen den Diakon Justinus» von
Fra Angelico , auf den sich Alÿs ebens o wie auf andere
Meister des fl or entinischen Quattr oce nto öfte rs
bezieht.
Der Leihverk ehr hat wieder markant auf 163
Gemälde und Skulptur en und 214 Werke auf P apier
zugenom men. Stark ins Gewicht fallen Bet eiligungen
an gemeinsamen Ausstellungsprojekten, wie die
Retrospektiven zu Rudolf Meyer (86 Blätter) und
F er dinand Hodler. Den dadurch in der Restaurierung
anfallenden Arbeitsaufwand schildert Frau Ellwanger
auf S. 23.
Das von der Schwyze r Stiftung geförderte Projekt
eines vollständigen Kataloges der Sammlu ng der
Gemälde und Skulpturen wurde vor allem durch die
Bearbeitung der Daten durch F ranzis ka Lentzsch
vorangetrieben. Die d igital e Erfassung aller Gemä lde
in Schwarz-W eiss durch Arthur Faust, unterstützt von
Cécile Brunner, nähert sich ihrem Ende. ChK