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faserten Risse mit or ganischen Leimen, Faden für
F aden. Noch w enige Jahre zuvor hätte n sich die meis-
ten Restauratoren ge weigert, organische Leime zu
verw enden mit der Begr ündung, diese könnten Schim-
melbildung begünstigen.
Seit 1972 haben wir zur Festigung loser Farb-
schichten mit Erfolg BEVA 371 eingesetzt. Zuvor berei-
teten uns Gemälde wie Augusto G iac omettis «Das
Kreisen der Planeten» die grössten Schwierigk eiten ,
weil in den ölreichen Schichten kein dam als beka nnter
Kl eber zur Haftung verhalf. Anfänglich verwendeten
wir, dank den russischen Beziehungen von Frau
Canetti, Störleim mit Honig für die Festigung von Farb-
schichten, haben dann aber den bequemeren Weg mit
PVA-Klebern, Acrylen oder Wachs bevorzugt. Alle die-
se Kl eber haben sich in den entsprechenden Fällen
bewährt. In den l etzten Jahren festigen unsere P rakti-
kant en wieder vermehrt mit Störl eim, bisweilen ohne
den Honigzusatz, der die extreme Spannung vermin-
dert.
Die Holztafeln
Parkettierungen von Holztafeln haben wir nie durch-
geführt. Nur in wenigen Einzelfällen bedient en wir uns
der Schel lackmethode , um verbogene Tafeln zu begra-
d igen. Dabei hat man in Spirit us gelösten Schellack in
zunehme nder Schichtdicke auf die Rückse ite aufge-
tragen und bis zur Austrocknung mit Hostaphan-Folien
abgedeckt.
Einzelne gebrochene Holztafeln verklebten wir
mit PV A-Leimen, was in allen Fällen bis heute geha l-
ten hat. Erst bei der stark aufgespalteten grossen Tafel
vom Johannes-Altar des Berner Nelkenmeisters führ-
te uns 1999 Moritz Bösiger in die Vorteile von Kr emers
Fischleim ein.
zur Komposition abzuzeichnen begannen, e mpfand
Max Bill als so gravierende V erfäls c hung, dass wir
Restauratoren diese mitte ls Doublierung dr ingend zu
beheben hä tten. Wie eine Doublierung erfo lgen könnte,
ohne die an dies em Werk so wichtigen Bildka nten zu
schädigen – darüber kam uns keine Erleuchtung. Als
ich 1971 dieses Gemälde ins Museum of Modern Art
begl eite te, waren dort die Restauratorinnen in indus-
triellem Ausmass be schäft igt, ihren Ges amtbes tand
mit Wachs zu doublier e n. Da erla ubte sich ein Restau-
rator aus der Schweiz, bar jeder V era ntwortung,
Gemälde ohne W ac hs doublierung über den Ozean zu
schic k en. Heute haben durch voreilige Restaurierun-
gen viele Gemälde ihre Bildkante n verloren, und ein
Gemälde von Mondrian ohne Krakelüren erscheint
su spekt.
In einem andern Fall lud mich mein Koll ege ins
Kuns tmuse um Bern ein und erklärte mir vor einem
vom Keilr ahmen abgespannten Hodlerbild: « Seht,
mein schweres Restauratoren-Schicksal, ich muss
diese s schöne Bild unbedingt mit Wachs doublier e n,
es führt kein Weg daran vorbei!» Ich habe mir die
Sache angeschaut und fand alles in bestem Zus tand.
Daraufhin habe ich ihm zu se inem guten Schicksal
gratuliert, das eine solche Massnahme überflüssig
mache. Wie es in solchen Fällen öfters geht, beharrte
er auf seinem schweren, wächsernen Schicksal und
ich auf meinem guten. Von diesem Mome nt an haben
wir den W a c hs doublierungen weitgehe nd getr otzt.
Inzwischen werden Wachsdoublierungen von vielen
Restauratoren als kunstfeindlich betrachtet: Bei Krei-
degrund ie r ungen d ringt das Wachs bis an die O berflä-
che und beeinträchtigt die Wirkung gravierend. – Ir onie
des Sc hicksa ls: Als fauler W achsdoublier e r blieb mir
zum Abschluss meiner Tätigk eit bei Mattia Pretis
«Orpheus und Eurydike vor Pluto und Pr os erpina»
nach über dreissig Jahren Wachsabstinenz als einzige
Möglichkeit, das Gemälde zu retten, ein l etztes Mal mit
Wachs zu doublie r en.
Zur Verklebung von Leinwandschäden begannen
wir um 1972 Polyamid-Pul ver einzusetzen; spät er ver-
wendeten wir PVA-Leime, die sich gut bewährt ha ben.
Erst in letzterer Zeit verklebten auch wir die au sge-