Full text: Jahresbericht 2009 (2009)

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Hinweise auf Neuerwerbun ge n 
MÄDCHENGRUPPE 
AUF DEN APPENZELLER BERGEN 
Adrian L udwig Richter (180 3–1 884) hat seine künst- 
l erische Bestimmung schon früh in der idea len 
Lands c haftsma lerei ges ehen. Durch das Stud ium 
der alten M eister und der heimischen Landschaft 
ist Richter s einem Sel b s tverständnis als Künstler, 
Christ und Me nsch nähergekommen.1 Für die Ausbil- 
dung seines Zeic he nstils war nicht zuletzt auch das 
«Reizende, Liebliche, Enge Gessners»2 aus schlagge- 
bend gewesen. Nach einem Studienaufentha lt in Rom 
und in der Campagna von 182 3–26 versucht e er sich 
in seiner Va terstadt Dresden als freier Maler zu etab- 
lieren, was misslang. Er fand eine Anstellung als Zei- 
chenl ehrer an der Porzellan-Manufaktur in Meissen. 
1836 wurde er zum Lehrer für Landschafts- und 
Tiermal erei an der Königlic h-Sächsis c he n Kunstaka- 
demie in Dresden ernannt. Auf zahlreichen W ande- 
rungen erschloss er zusammen mit s einen Schülern 
die malerischen Sc hö nheiten Sachsens, Schles iens 
und Böhmens . Um die Mitte des 19. Jahrhunderts 
nahmerAbschiedvonderMalerei,umsichfastaus- 
schliesslich der Druckgrafik zu widmen. In den Aqua- 
rellen der 1870er Jahre griff er häufig auf ältere Moti- 
ve zurüc k. Diese Spätwerke üben durch ihren Reich- 
tum an Anspielungen und Bezügen einen bes onderen 
Za uber aus. Die Kombination von landschaftlichen, 
volkstümlichen und poetisch verallgemeinerten Ele- 
me nten schlägt sich in dem Blatt in einer präzisen 
Zeichnung nieder, deren Aquarellierung durch spar- 
same Farbakzente bele bt wird. 
Bei unserer Mädchengruppe auf einer Anhöhe 
über einer weiträumigen Landschaft handelt es sich 
mit grosser Wahrscheinlichkeit um eine der letz- 
ten Kompositionen des Meisters.3 Sie entstand als 
Geschenk des Künstlers an den aus Schlesien stam- 
menden und mit einer Schweizerin verheirateten Louis 
Prang (1824–1909), den Begründer der chromolitho- 
grafischen Reproduktion von Altmeistergemälden und 
Vater der amerikanischen Glückwunschkarte. Dieser 
war nach der gescheiterten Revolution in Berlin 1850 
indieUSAemigriert.InBostonhatteer,nachentbeh- 
rungsreichen und schwierigen Jahren, eine lithografi- 
sche Anstalt gegründet. Prangs Anschauungsmaterial 
fürdieSchulewarbisvorKurzemnochjedemameri- 
kanischen Kind ein Begriff. Als «Förderer der Künste 
und Freund der Jugend»4 ging dieser deutsche Pionier 
in die nordamerikanische Geschichte ein. Der unmittel- 
bare Anlassfür die Reise unseresAquarells über den 
Atlantik war die Hochzeit von Prangs einziger Tochter 
RosaMariamitdemSohnseinesbestenFreundes,des 
ebenfalls emigrierten, radikal-liberalen Publizisten 
Karl Peter Heinzen (1809–1880), im Jahre 1875.5 Über 
die Verbindung Richters zu Prang und Heinzen ist uns 
nichts bekannt. Die Verquickung von geschäftlichen 
und weltanschaulichen Interessen sowie der ausge- 
prägte Hang zur philanthropischen Gemeinnützigkeit 
sind den drei Protagonisten gemeinsam. 
Zum Motivbestand des Aquarells: Im Mittelgrund 
begrüssen ein paar Kinder und ein junger Hirt, der 
mit seiner Herde seines Weges zieht, unweit von einer 
Einsiedelei bei einem Wegkreuz in einer gebirgigen 
Landschaft einen wandernden Mönch. Das Motiv ras- tender Figuren auf einer Anhöhe in den Bergen hatte
	        
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