Full text: Jahresbericht 2010 (2010)

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Hintergründen aneinander und inszenierte so ein 
beeindruckendes Vexierbild deutscher Geschichte und 
Befindlichkeit. 
Im Erdgeschoss erwartete den Besucher ein 
abgedunkelter Raum mit zerschlagenen und aus- 
geräumten Vitrinen. Ein Stockwerk höher gelangte 
man in ein Restaurant mit Ballsaal und Kegelbahn 
– alles realitätsgetreu nachgebildet. Tonnenweise 
Papierschnipsel lagen dort herum, von Hand sortiert 
und zusammengesetzt. Büch el spielte damit auf jene 
ungefähr 45 Millionen Aktenseiten an, die die Stasi im 
Herbst 1989 überstürzt in Stücke reissen liess, und 
inszenierte Deutschlands Vergangenheit als giganti- 
sches Puzzle mit höchstem Schwierigkeitsgrad. 
Einer der zentralen Räume in der Ausstellung 
war die Hausmeister-Wohnung, die nun vom Kunst- 
haus Zürich erworben wurde. Eshandeltsichumeine 
3-Zimmer-Wohnung eines (fiktiven) Hausmeister- 
Ehepaars, die von einer Mauer in zwei Teile geteilt 
wird. Einerseits macht die Arbeit ein heikles Thema 
deutscher Historie auf das Eindringlichste erfahrbar: 
nämlich das Leben mit der Mauer. Andererseits stützt 
sich die Arbeit auf einen Artikel aus der Bild-Zeitung, 
den Christoph Büche l gelesen hatte. Darin wurde von 
einem Paar berichtet, das sich so sehr zerstritten hat- 
te,dasseseineMauer durch die eheliche Wohnung 
zog. Das Persönliche ist bei Büchel eben immer auch 
das Politische. 
Die Arbeit «Hausmeister (Deutsche Gramma- 
tik)» ist ein zeitgenössisches Historienbild und eine 
richti ge Museumsarbeit, da sie in nuce alle zentralen 
Elemente von Büchels Schaffen enthält. Es geht um 
kollektive und persönliche Geschichte, um psycholo- 
gis che und physische Räume und deren Erleben und 
Erfahren durch die Betrachter. Die Installation bietet 
eine Entdeckungsreise durch Raum und Zeit, die neue 
Perspektiven ebenso auf die Geschichte wie auch für 
unsere Gegenwart eröffnet. Wer die Wohnung be tritt, 
lässt sich auf einen herausfordernden und aufwühlen- 
denParcoursein:anderMauervorbei,übersiehin- 
weg oder durch Wandlöcher hindurch. Auf dem Weg 
begegnet man unzähligen Objekten und Geschichten, 
die vom Künstler präzise gesetzt wurden und viel- 
schichtige Assoziationen und Emotionen hervorrufen. 
Wasauf den ersten Blick chaotisch und zufällig wirkt, 
ist im Grund e genauestens arrangiert und inszeniert 
– und diese Präzision der Gesamtkomposition ist bei Büch el immer wieder beeindruckend. Mirjam Varadinis
	        
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