47
Aktivitäten
das von der Kollegin mit zusätzlichen Wänden versehen
worden war und somit interessante Installations-Mög-
lichkeiten bot. Die Präsentation zie lte darauf ab, klassi-
sche bis aktuelle Gegenwartspositionen (Bruce nauman
sowie Berlinde de Bruyckere, Gillian Wearing und Oscar
Tuazon) mit entscheidenden figürlichen Positionen der
nachkriegszeit (Francis Bacon, Alberto Giacometti) zu
einer thematischen und visuellen Einheit zu verbinden.
Gemeinsame nenner waren dabei einerseits die exis-
tenziell zugespitzte Präsenz von Mensch und Kreatur,
andererseits aber die Frage nach Orten und Strukturen,
in denen sich Existenz und Wahrnehmung unter diesen
Umständen künstlerisch situieren lassen. Zweifellos wird
die Architektur des erhofften Erweiterungsbaus noch weit
bessere Bedingungen schaffen, um mit solchen Accro-
chagen zu arbeiten, die auf kontrollierte Weise Grenzen
der Sammlungsbereiche überschreiten. Bereits jetzt aber
ist es ein lohnendes Ziel, die Sammlung von Zeit zu Zeit
mit solchen Präsentationen zu beleben. Auch im kleine-
ren Umfang bie tet es sich an, mit behutsamen Eingriffen
und Anpassungen in den Sälen der Sammlung nach und
nach noch weitere Facetten der grossartigen Sammlung
erfahrbar zu machen.
die sAmmlunG im BerichtsjAhr
Kommen wir nun zur regen Ausleihtätigkeit der Samm-
lung im Berichtsjahr. Insgesamt wurden an 75 Destinati-
onen 117 Werke der Sammlung ausgeliehen, dazu kamen
150 Werke aus der Grafischen Sammlung. Das Ausleihen
kostbarer Kunstwerke ist eine komplexe Sache, bleibt
aber unverzichtbar: Es erlaubt, eigene Werke in externen
Ausstellungen in neuem Kontext zu sehen und macht
möglich, dass im Gegenzug auch immer wieder kapitale
Leihgaben aus wichtigen Partner-Museen von auswärts
den Weg nach Zürich finden.
Was den Zuwachs der Sammlung angeht, so konnte das
Kunsthaus auch im Berichtsjahr wesentliche Werke und
Werkgruppen hinzugewinnen. Die entsprechende Liste im
vorliegenden Jahresbericht (s. S. 48) gewährt interessan-
te Einblicke: Auffallend ist, dass im Bereich der Instal-
lationskunst und der raumbezogenen Arbeiten kräftiger
Zuwachs erfolgte. Erwähnt seien hier Werke der Gegen-
wartskunst des US-Amerikaners Oscar Tuazon (s. S. 38)
sowie des Slowaken Roman Ondák (s. S. 30), davon eines
ein Geschenk der Swiss Re, dem Partner des Kunsthau-
ses für zeitgenössische Kunst. Demgegenüber standen
etwa die klassische Pl astik und auch die Gattung Video im
Berichtsjahr nicht im Vordergrund. Ungebremst fasziniert
hingegen die zeitlose Gattung der Ma lerei: Im Mittelpunkt
stand diesbezüglich ein von der Vereinigung Zürcher
Kunstfreunde erworbenes Hauptwerk von Franz Gertsch
(s. S. 18). neben klassisch Modernem (erwähnt sei ein be-
deutendes Gemälde Albert Müllers von 1925) fand in Ge-
stalt einer qualitätvollen, aus altem Zürcher Privatbesitz
geschenkten Ruinenlandschaft des nürnberger Malers
Johann Franciscus Ermels (1641 – 1693) auch altmeister-
liche Malerei den Weg in die Sammlung. Als Hauptereig-
nis in Sachen Zuwachs ist aber fraglos die bedeutende
Schenkung eines ganzen Konvoluts an Werk en und Objek -
ten von Joseph Beuys durch Lucrezia De Domizio Durini
zu bezeichnen. Diese Schenkung war auch Gegenstand
einer umfangreichen Ausstellung (s. S. 60 und S. 10).
Zwei Gem älde aus der umfangreichen, 2009 vorgestellten
Schenkung von Werken Albert von Kellers erwiesen sich
als Werke, die den ursprünglichen Besitzern vom nazi-
Regime entzogen bzw. geraubt worden waren . Sie waren
vom Schenker gutgläubig erworben worden. Dank den
Vereinbarungen mit den nachkommen der ursprüngli-
chen Besitzer verbleiben beide Werke im Kunsthaus, das
Werk «Adele von Le-Suire, stehend» als gemeinsames
Geschenk der Erben Sommerguth und Frau Hannelore
Müller.
Eine Selektion von Arbei ten auf Papie r (s. S. 48) run det die
Ankäufe ab, darunter eine bezaubernde Pinselzeichnung
von Christoph nathe (1753 – 1806, s. S. 26) mit einer Dar-
stellung des Kapuziner-Hospizes auf dem St. Gotthard-
pass aus dem Jahre 1784.
nehmen wir das gut schweizerische Stichwort auf und
wünschen wir dem Projekt des Erweiterungsbaus, dass
es am 25. november des laufenden Jahres die entschei-
dende Passhöhe – die Stadtzürcher Volksabstimmung –
mit Bravour meistert.
Wir danken allen ganz herzlich, die das Kunsthaus dabei
oder in anderer Hinsicht unterstützen. Philippe Büttner Büttner