DANH VO
WE THE PEO PLE, 2011 – 2014
Wer im vergangenen Jahr den Erdgeschoss-Raum im
Müllerbau besuchte, stand plötzl ich vor einem riesigen Fuss
aus Kupfer. Eigentl ich war es nur der Vorderteil eines Fusses,
der Rest fehlte. Von hinten sah man das Gestänge, das die Kon-
struktion zusammenhielt, und ein paar ch ine sische Schrif tzei-
chen. Neben dem Fuss lehnte ein kupferglänzendes Fragment
an der Wand. D ieses er innerte an das für die Geschichte der
Kunst und Skulptur klassis che Motiv des Faltenwurfes. In un-
mittelbarer Nähe lag eine weiter e, abstrakte Kupferskulptur
am Boden, und ein undefinie r bar es Objekt, das Assoziatio nen
an ein Sch iffswr ack wachrief, stand in der Ecke. Was waren das
für Ob jekte und was hielt sie zusa mmen? Sie alle gehör en zu
Danh Vos «We the People» (2011 – 2014) , einer gigantischen
Werk gruppe, die über mehrere Jahre ents tand und aus in sge-
samt 267 solch er Ein zel teile besteht. Würden diese zusam-
mengesetz t, ergäben sie eine 1:1-Replik der b erühmten New
Yorker «Statue of Liberty». Doch es war nie Danh Vos Absicht,
die einzelnen Fragmente zu einem Ganzen zusammenzufügen.
Im Geg enteil: Er will das berühm te M onument in «kollabier-
tem Zustand» zeigen, denn für ihn ist die Freiheitsstatue eine
«vergewaltigte, verstümmelte, verschandelte
Ikone».1
Mit der zerstück elten und am Boden liegenden Liberta s
schafft Danh Vo denn auch ein eindrüc kliches Bild für die Fra-
gilität des Begriffes «Freiheit», der gerade in neuster Zeit
wieder stark diskutiert wird. Gleichzeitig reflektiert der
Künstler damit auch die Geschichte der Bildhauerei. Gewisse
figurative Elemente erinnern an die Kolossalstatue Konstan-
tins des Grossen aus dem 3. Jahrhundert, andere nehmen
klassische ikonografische Elemente aus früheren Epochen
auf, und wiederum weitere rufen Erin neru ngen an die Minimal
Art wach. Diese Verbindungen zur Kunstgeschichte zeigten zeigten