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AKTIVITÄTEN
einbezogen werden. Ein Gemälde von Ernst Stückelberg
von 1897, das ebenfalls Sappho ze igt, erlaubte es, Bour-
delles Thema in anderer Darstellung zu spiegeln. Das
Thema der mon umen talen antikisierenden Gewandstatue,
das wir in Bourdelles Werk fassen, regte an, jüng st ent-
standene, kolossale Plastiken von Danh Vo einzubeziehen,
der sich mit der Fragmentierung der New Yorker Frei-
heitsstatue und von deren inhaltlicher Dimension be-
schäftigt hat (s. S. 34 ff.). Die ebenfalls monumentale «La
grande musicienne» (1938) von Henri La urens stand für
die f o rtgesch ritten mode rne Formulierung von Bourdelles
Motiv einer Frau mit Musikinstrument. Danh Vos Ästhetik
des Fragments wiederum wurde an Werken Auguste
Rodins und Alberto Giacome ttis näher un tersuc ht, die aus
ganz anderen Gründen mit dem Thema des absichtlichen
Fragmentierens gearbeitet haben. Werke von Henri Ma-
tisse, Fernand Léger und Arnold Böcklin (der gegenüber
Danh Vo eine deutlich traditionellere Darstellung der
«Freiheit» zeigt) ergänzten die grosszügig angelegte Prä-
sentation. Bourdelles restaurierte grosse Bronzeplastik
kann nun wie der ihren Platz in der reichen Sammlung in
Frankreich entstandener skulpturaler Werke einnehmen,
die das Kunsthaus bewahrt. Philippe Büttner
CINDY SHERMAN – UNTITLED HORRORS
Cindy Sherman, geboren 1954, blickt auf eine lange und
eindrückliche Karriere zurück. Sie gehört zu den wich-
tigste n zeitgenössischen Foto-Künstlerinnen und ihre Ar-
beiten sind in bedeutenden Museen und Sammlungen
vertreten. In Zürich war das Werk der amerikanischen
Künstlerin noch nie umfassend gezeigt worden. Daher
hatten sich das Kunsthaus Zürich, das Astrup Fearnley
Museum in Oslo und das Moderna Museet in Stockholm
zusammengetan und gemeinsam die umfangreiche Ret-
rospektive, «Cindy Sherman – Untitled Horrors» organi-
siert. Nach der 2012 am MoMA New York gestarteten
Amerika-Tour der Künstlerin, war «Cindy Sherman – Un-
titl ed Horrors» die gr osse europäische Überblicksausstel-
lung, die auf Wunsch der Künstlerin nur an drei Stationen
zu sehen war – und das Kunsthaus Zü rich war eine davon.
Insgesamt 110 Werke, darunter alle Schlüsselwerke aus
den versch iedene n Schaffensperioden von Cindy Sherman,
waren in der Ausstellung zu sehen. Die Präsentation folg-
te aber keiner linear-chronologischen Hängung, sondern
wollte mit u nerwarteten Kombinationen und einer spezi ell
für die Ausstellung entworfenen Architektur einen fri-
schen Blick auf das Schaffen dieser wichtigen Künstlerin
eröffnen. Ikonische Arbeiten aus dem Frühwerk, wie die
berühmte «Untitled Film Stills»-Serie, tra fen auf spätere
F otog rafien der «Hollywood/Hampton Types» (2000 – 2 002),
oder die «Clowns» (2003 – 2004) auf die «Sex Pictures»-
Serie (1992). Diese Präsentationsform machte deutlich,
mit welch beeindruckender Konsistenz die Künstlerin
über Jahrzehnte bestimmte Grundfragen, wie jene von
Identität, (Geschlechter-)Rollen und Körperlichkeit unter-
suchte, gleichzeitig dafür formal immer wieder neue
Wege fand.
Im Mittel pun kt der gemein sam mit der Künstlerin zusam-
mengestellten Ausstellung stand das Bedrohliche und
Groteske in Shermans Schaffen – daher auch der Titel
«Untitled Horrors». Dieser verwies einerseits auf die in-
haltliche Ausrichtung der Schau, spielte andererseits
aber auch mit der Tatsache, dass Cindy Sherman ihre Fo-
tos immer mit «Untitled» bezeichnet. Die Künstlerin lässt
die Lesart der Bilde r offen und lädt stattdessen die Be-
trachter ein, die in den Bildern angelegten Geschichten
selber zu entwickeln und sich einen Titel auszudenken.
Wie die Ausstellung beschritt auch die Publikation neue
Wege. Anstel le eines klassischen Kataloges entstan d eine
Monografie, in der Künstler, Schriftsteller und Filmema-