KADER ATTIA
CUL TURE, ANOTHER NATURE REP AIRE D,
2014
Etwas reparieren heisst, es wiederherstellen. Doch
gleichzeitig bedeutet R epar atur auch Unrecht ausgleichen, wie
z. B. das deutsche Wort «Reparaturzahlung» zum Ausdruck
bringt. Kader Attia (* 1970) beschäftigt sich seit fast zwa nzig
Jahren mit dem Thema «Reparatur». Er spielt in sein en Wer-
ken mit der Dopp elbed eutung des W ortes und untersucht die
untersc hiedlic hen Konzepte, die in der westlic hen und nicht-
westlichen Welt hinter dem Begriff stehe n. «Reparation ist
zuallererst eine Wunde [...] Ich zeige etwas, was die westliche
Gesch ichte ausgeblendet hat», sagt der Künstler .
1
Kader Attia wurde als Sohn algerische r Eltern in Dugny ,
einem Vorort nördlich von Paris gebor en. Er verbrachte seine
Kindheit zwischen Frankreich und Algerien, zwischen einer
christli chen und mu slimische n Gese llschaft also. Die pers ön-
liche Geschichte fliesst in sein Werk ein, und Themen wie Iden-
titätskonstruktion, Zugehörigkeit und die koloniale Vergangen-
heit Europas spiel en eine wich tige Rolle.
In seiner lan gjährig en Auseinandersetzung mit dem The-
ma «R eparatur» ist Kader Attia auf F otografie n von verletzten
Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg gestossen, deren Gesichter
durch Kugeln und Granatsplitter entstellt worden waren. Diese
sog. «Gueules cassées» (zerschlagenen Gesichter) überlebten
den Krieg zwar, waren aber aufgrund der grässlic h en V erlet-
zung en für den Rest des Leb ens gezeichnet, sowo hl physisch
wie psychisch. Als Kader Attia die B ilder der Verletzten sah,
m usste der Künst ler an afrikanische Masken denken, deren
einzelne Holzteile oft mit dicken, harten Klammern zusam-
men gehalt en wer den – ähn lich wie die mit gr oben Stichen ge-
nähten Wunden in den Gesichtern. Viele dies er Soldat en waren
übrigen s von den kriegsführenden Nationen aus den früheren
Kolonien r ekrutie rt worden.