FÉLIX VALLOTTON
LA MALADE, 1892
In Félix Vallottons zentralem frühen Bild «La Malade» von
1892 gipfeln die ersten zehn Par iser Jahre des 1865 in Lausanne
geborenen Künstlers. Das Werk gehört zur Gattung der für
V allo tton so wichtigen Interie urs und zeigt ein Dienstbotenzimmer ,
in dem eine kranke Dienstmagd liegt. Eine Kammerzofe b ringt ihr
auf einem Tablett eine Tasse Tee. Wie Marina Ducrey erläutert,
kann die Ents tehung des Bildes zur Ha uptsache in die Zeit von Juli
bis November 1891 da tiert werden, mit einigen finalen R etuschen
Anfang
1892.1
Links auf dem Bild ist von hinte n die leicht im Bett aufgerich-
tete Kranke zu sehen, für die Vallottons dam alige Gefährtin Hélène
Chatenay das Modell abgab. Sie schaut in Richtung der Herein-
kommenden. Neben dem Bett steht ein Beiste ll tischche n, auf dem
der Künstler aus Flaschen, einem Glas und einem Medikamenten-
Flakon ein spektakulär gemaltes Stillleben inszeniert hat. Eine
der Flaschen zeigt die Spiege lung eines gr ossen und eines kleinen
Fensters, die sich hin ter dem Be trachter oder dem Maler befinden
müs sen, welcher sich aber nicht in ihnen spiegelt. Rechts ober-
halb der Kranken ist an der Wand ein Stich zu sehen, der laut Du-
crey eine am Salon von 1880 gezeigte Gipsplastik Gustave Dorés
mit einer Darstellung der das Christuskind haltenden Madonna
zeigt . Hell hebt sich die Ma donna auf dem Stich vor dem d unklen
Hinter g rund ab, der wied erum mit dem hellen Blatt k ontrastier t.
Die schwarzen Haare der Kra nken über deren weissem Nacht-
hemd variieren diesen Kontrast l inks, während er rechts in der
Figur der eintr etenden Magd – sie nun umgek ehrt mit hellen Haa-
ren über schwarzem Kleid – nochmals in gr ossem Massstab aus-
gespielt wird. Der Auftrit t der eintretenden Magd hat etwas Thea-
tralisches, sie scheint eine Bühne zu betreten, vor der wir als
Betrachter sitzen. Anders als das Bild der gütigen Madonna anre-
gen würde, geht ihr Blick dabei nicht teilnahmsvoll zu der Kran-
ken, von deren Sphäre sie sich als Gesunde abzusetzen scheint, scheint,