ELLSWORTH KELLY
BARN, SOUTHAMPTON, 1968
Der US-amerikanische Künstler E llsworth Kelly (1923 – 2015)
wurde als Vertreter der Hard-Edge-Malerei gehandelt, auch gern
den Color Field Painters zugerechnet oder als V orläufer der Minimal
Art gefeiert. Innerhalb dieser Stilrichtungen und Ausdruck sforme n
sti cht Kelly als Realist unter den Abstrakten hervor. Denn seine
nichtfigürlichen, aus einzelnen monochromen Flä chen best ehen-
den Gemä lde und Skulpturen grü nden oft auf optischen Ersc hei-
nungen der Wirk lichk eit. Die Motiv e hat er als moderner F laneur
während ausgiebiger Spaziergänge durch die Natur, auf Reisen
oder in seiner nächsten urbanen Umgebung vorgefunden. Dass
ihm dabei eine Leica als visuell e Erinnerungsstütze zum F esthal-
ten der vorgefundenen Motive diente, war bisher wenig b ekannt.
Ber eits 1950 bega nn Kelly zu fotografieren. Für seine Kunst
wurde die Foto grafie jedo ch erst Ende der 1960er-Jahre relevant,
als er für kurze Zeit nach Europa kam und begann, jene Ele mente
zu dokumentieren, die ihn während s eines Studienaufenthalts in
Paris zu Gemälden inspi riert hat ten. Gleichzeitig fotografierte er
auch Backstein- und Br etterwänd e, Baumbl ätter oder Landschaf-
ten, die ihm als V orlagen für neue Gemälde dienten. Zurück in New
York fotografierte Kelly mit seiner K amera v ermehrt in der Wirk-
lichkeit vorgefundene f lächige Struktur e n, die ihn mö gliche rweise
zu den «Sha ped Canvases» inspir ierten . Obwohl der Künstle r die
Fotografien als visuelle Funde seiner Vorstellungen
definierte1
und proklamierte, dass sie nie direkt in die künstlerischen Ar-
beitsprozesse für seine G emälde und Skulpturen invol viert wären,
ist nicht von der Hand zu weisen, dass Kellys Ar beitsweise, in der
Natur und in kulturellen Räumen vorliegende Artefakte in seine
abstrakten Werke einfliessen zu lassen, im Medium Fotografie
ein passendes Werkzeug, ja einen idealen visuellen Katalysator
gefunden hat.
Die angekaufte Fotografie einer Scheune in Southampton
auf Long Island bei New York zeigt die klassische, an der Kunst-