34 AKTIVITÄTEN
Rein zahlenmässig war das Berichtsjahr in Sachen Neu-
zugänge für die Sammlung (Gemälde, Skulpturen, Ins-
tallationen) nicht sonderlich ereignisreich: Nur knapp
ein Dutzend Werke konnten neu aufgenommen werden.
Die meisten davon werde n im Bildteil dieses Berichts re-
produziert, mehrere dort auch näher beschrieben. Von
der Qualität der Werke her war es aber ein sehr inte-
ressantes Jahr.
SCHENKUNGEN
Erwähnt seien hier zunächst zwei Werke bzw. Werkgrup-
pen von Künstlerinnen: Zu verdanken ist die Schenkung
von fünf zusammengehörenden Stickereien der israe-
lischen Künstlerin Ella Littwitz der Dr. Georg und Josi
Guggenheim-Stiftung. Diese Schenkung ist, wie Mirjam
Varadinis im Bildtei l ausführt, im Kontext einer Neuaus-
richtung des Guggenheim-Preises zu sehen. Besonders
erwähnenswert ist sodann die von der «Gruppe Junge
Kunst» der Zürcher Kunstfreunde erworbene Installation
der 1990 geborenen schwarzen südafrikanischen Künst-
lerin Lungiswa Gqunta. Mit dem Erwerb dieses Werks
wird die massvolle, aber bedeutungsvolle Ausweitung der
Sammlungstätigkeit auf Kunst von ausserhalb des eu-
ropäischen und amerikanischen «Westens» (bzw. «Nor-
dens») weiter vorangetrieben. Der titelgebende Rasen
(«lawn») von Gquntas Arbeit besteht aus abgebrochenen
Flaschen (signifikanterweise solche von Coca-Cola), die
auf einer Holzplatte montiert sind. In Gquntas südafrika-
nischer Heimat gehören Rasenflächen in e rster Linie zur
Lebenswelt wohlhabender, auch heute noch mehrheit-
lich weisser Personen. Mit zerbrochenem Glas werden
Mauern belegt, die Grundstücke und Einrichtungen vor
Eindringlingen schützen sollen. Und schliesslich wer-
den – am anderen Ende der sozialen Skala – Flaschen bei
Unruhen zu Petroleum-Bomben umfunktioniert. Darauf
SAMMLUNG spielt
in Gquntas Arbeit die in den Flaschen befindliche
Flüssigkeit an, die im Sinne auch des «Lawns» zusätzlich
grün gefärbt ist. Dieser explosive Rasen wird schwerlich
mittels eines Liegestuhls geniesserisch in Besitz zu neh-
men sein. Die ses Werk besteh t aus schlichten Materia li en
und einer einfachen Struktur – ist aber dennoch durch-
aus komplex. Mit den wirkungsvollen Stilmitteln der aus
dem «Westen» übernommenen Kunstform der Installa-
tion werden mittels ein paar Scherben und eines Bretts
Themen, die in Südafrika relevant sind – Ungleichheit,
Ausgrenzung und Widerstand, letztlich auch das Erbe des
Kolonialismus als solcher und die mit ihm einhergehende
Ausbeutung –, ins Spiel gebrach t. Wie relevant aber ist ein
solches Werk für uns in Zürich und der reichen Schweiz,
einem Land, das ja selber nicht als direkte Kolonialmacht
in Erscheinung getreten ist? Finden sich etwa auch in Zü-
rich, in der Schweiz private Rasenflächen, die mit Glas-
sch erben vor unliebsamen Gästen geschützt werden? Gibt
es auch bei uns von einer ruchlosen Oberschicht in Kauf
genommene Ghettos, aus denen heraus bei Unruhen mit
Petroleum gefüllte Flaschen mitgeführt werden? Taugt
das Werk somit auch bei uns gar als Identifikationsstück
für eine regional relevante «Community» von Verfolgten
und Unterprivilegierten? Glücklicherweise wohl kaum.
Dennoch aber sind Werke wie dieses für das Kunsthaus
und sein Publikum von Interesse. Denn nicht zuletzt auf-
grund von wirtschaftlichen und politischen Verflechtun-
gen verschiedener Couleur – Südafrika ist dafür ein gutes
Beispiel – haben derartige Themen aus an deren Weltge-
genden oft mehr mit uns hier in der Schweiz zu tun, als
uns lieb sein kann. Aber auch rein künstlerisch gesehen
bereichert der Eingang solcher Werke unsere Sammlung.
Zum einen wegen deren immanenten Qualitäten. Zum an-
deren können sie auch Anlass bieten , traditionsreiche Be-
stände unserer Sammlung für einmal neu zu betrachten: betrachten: