Full text: Jahresbericht 2020 (2020)

51 AKTIVITÄTEN 
ten Meistern wie Raffael, Palma Vecchio, Taddeo Zuccari 
und e inigen mehr. In Zusammenarbeit mit Mich ael Ma tile, 
langjähriger Kurator an der Graphischen Sammlung der 
ETH Zürich, haben wir uns dieser Aufgabe nun angenom- 
men und die Besucherinnen und Besucher anhand von 
dreissig Zeichnungen zum genauen Hinsehen eingeladen; 
schliesslich dü rfte sich nur dem aufmerksamen Auge die 
poetische Qualität einer zart aufgesetzten oder flüchtig 
hingeworfenen Linie erschliessen. Im Katalog haben wir 
mit Studierenden des Kunsthistorischen Instituts der 
Universität Zürich buchstäblich Grundlagenforschung 
betrieben. Den Studierenden wurde darin unter Anleitung 
ermöglicht, der Provenienz unserer Blätter nachzugehen, 
die materielle Beschaffenheit der Zeichnungen zu bestim- 
men und den bisherigen Forschungsstand aufzuarbeiten. 
Ein ige unserer Blätter wurden nun überhaupt erstmals in 
einem A usstell u ngskatal og publiziert und einem breiteren 
Publikum ins Bewusstsein gebrac ht, darunter eine Zeich- 
nung von Guercino sowie eine reizvolle Skizze Correggios, 
die auch in der Ausstellung ihren erste n öffentlichen Auf- 
tritt hatten. 
Der Katalog wurde unterstützt durch die Wolfgang Ratjen 
Stiftung, Vaduz. 
Jonas Beyer 
OTTILIA GIACOMETTI. EIN PORTRÄT 
Ottilia Giacometti (1904 –1937) war die einzige Tochter von 
Giovann i Giacometti und Ann etta Sta mpa und die Sc hwes- 
ter von Alberto, Diego und Bruno, die im Alter von nur 
33 Jahren verstarb. Die von Cas imir o Di Crescenzo kuratierte 
Ausstellung vereinigte Gemälde, Plastiken und Zeichnun- 
gen von Giovanni und Alberto Giacometti, die der Tochter 
beziehungsweise Schwester Ottilia gewidmet sind. Eben- 
so einbezogen w urden dokumentarische Materialien. Der 
grösste Teil der Exponate – darunter kaum gezeigte Werke 
und Materialien – stammte aus der Familiensammlung. 
Weitere Leihgaben kamen aus Museen und weiteren pri- 
vaten Sammlungen in der Schweiz sowie aus der Pariser 
Fondation Giacometti. Auch die Alberto Giacometti- 
Stiftung und das Kunsthaus Zürich selber steuerten Leih- 
gaben bei. 
Ottilia heiratete 1933 den Genfer Arzt Francis Berthoud. 
Am 10. Oktober 1937 kam das erste Kind des Paares, 
Silvio, zur Welt. Die von der Geburt ersch öpfte Ottil ia starb 
jedoch einige Stunden später. Ihr Tod war eine Tragödie 
für die Familie. Albertos Mutter verliess sogleich ihr Tal, 
um in Genf zu leben und ihren Enkel bei dess en Vater auf- 
zuziehen. Silvio erscheint in der Kriegszeit in ei nigen Wer- 
ken Albertos, darunter in eindrucksvollen kleinen Skulp- 
turen. Auch schuf Albe rto eine berührende kleine Büste, 
in der er versuchte, die Erinnerung an seine verstorbene 
Schwester festzuhalten. 
Die Ausstellung endete mit einem Raum, in dem noch 
nie präsentierte private Filme der Familie Giacometti zu 
sehen waren. Sie zeigen u. a. die Familie in den frühen 
1930er-Jahren, vor und nach Giovanni Giacomettis Tod, 
und halten auch Eindrücke von Ottilia und Francis Ber- 
thouds Reisen sowie die Präsenz des kleinen Silvio als 
Jungen fest. 
  Philippe Büttner
	        
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