54 AKTIVITÄTEN
KADER ATTIA: REMEMBERING THE FUTURE
Kader Attia wurde 1970 als Sohn algerischer Eltern in ei-
nem V orort nördlich von Paris geboren. Die Erfahrung ei-
nes Lebe ns in zwei Kulturen nutzt der heute in Berlin und
Paris arbeitende Künstler als Ausgangspunkt für seine
bildnerische Praxis, die sich mit der kolonialen Vergan-
genheit Europas und ihren Fol gen beschäftigt. «Remem-
bering the Future» war Attias erste Einzelausstellung in
der Deutschschweiz und umfasste insgesamt 38 Werke.
Im Zentrum der Ausstellung stand die neue Videoinstalla-
tion «Les entrelacs de l’objet» ( 2020), die Attia speziell für
das Kunsthaus Zürich realisiert ha tte. Darin thematisiert
der Künstle r die aktuell viel diskutierte Frage der «Res-
titution» nicht-westlicher, insbesondere afrikanischer
Artefakte. Die Ar beit ist ein Versuch, sich dem komplexen
Thema anzunähern. Historikerinnen, Philosophen, Psy-
choanalytikerinnen, Ökonomen oder Aktivistinnen kom-
men darin zu Wort. Ohne Schuldzuweisungen trägt Kader
Attia die unterschiedlichen Sta ndpunk te zusammen, mit
dem Ziel, eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem
Thema zu ermöglichen. Ergänzt wurde diese neue Instal-
lation durch Leihgaben und zwei Werke aus der Kuns t-
haus-Sammlung.
Das Kunsthaus verfolgt Kader Att ias Werk seit mehreren
Jahren und hat in dieser Zeit einige Arbeiten angekauft.
Parallel zur Ausstellung entstand eine neue grossfor-
ma tige Skulptur aus Aluminium, die permanent auf dem
Heimplatz installiert wurde. Die doppelköpfige Figur «Ja-
nus» (2020 ) zeigt die «gueules cassées» von zwei Soldaten
aus dem Ersten Weltkrieg: Von vorne auf dem Heimplatz
sieht man das entstellte Gesicht eines afrikanischen Sol-
daten und von hinten aus dem Glasaufgang zum grossen
Ausstellungssaal das eines deutschen – ein eindrückli-
ches Monument gegen den Krieg und die Gewalt (siehe
auch S. 37 / 38).
Zur Ausstellung erschien eine dreiteilige Publikation
in Deutsch und Englisch. Als Begleitprogramm fanden
ein Künstlergespräch sowie ein Podiumsgespräch zum
Thema «Die postkoloniale Schweiz» statt (mit Patricia
Purtschert, Noémi Michel, Bernhard C. Schär, Fatima
Moumouni, moderiert von Marcy Goldberg).
Unterstützt von Swiss Re – Partner für zeitgenössische
Kuns t, der Yanghyun Foundation und der Dr. Georg und
Josi Guggenheim-Stiftung.
Mirjam Varadinis