55 AKTIVITÄTEN
IM HERZEN WILD. DIE ROMANTIK IN DER SCHWEIZ
Trotz aller Widrigkeiten, die die Pandemie 2020 mit sich
brachte, konnte unsere Ausstellung zur Romantik zumin-
dest vier Wochen lang dem Publikum Einblicke in eine be-
wegte und nach wie vor bewegende Kunstepoche ermög-
lichen. Besucherinnen und Besucher h atten in die ser Zeit
die Gelegenheit, Werke zu betrachten, die sich jenseits
des Kanons bewegen, in Privatsammlungen verborgen
sind oder aus konservatorischen Gründen nur sehr selten
von benachbarten Museen ausgeliehen werden .
Bewusst sprachen wir nicht von einer «Schweizer Ro-
mantik», sondern von der «Romantik in der Schweiz»:
Die Ausstellung nämlich ging zweigleisig vor, indem sie
einerseits die romantischen Strömungen in der Schweiz,
andererseits die Rolle der Schweiz für durchreisende
Künstler aus dem Ausland in den Fokus rückte. Auch ver-
zichteten wir darauf, den Begriff der Romantik allzu eng
zu fassen und schlossen Grenzphänomene bewusst mit
ein: Am einen Ende stand Johann Heinrich Füssli, den die
Forschung wechselweise entweder als Klassizisten oder
als Protoromantiker verbucht, am anderen Ende Arnold
Böcklin, der heute am ehesten dem Symbolismus zuge-
rechnet wird, zu Beginn seiner Karriere jedoch stark von
romantischen Tendenzen beeinflusst war.
Unterteilt in elf Sektionen, die mit «Nachtseiten der Ro-
mantik», «Helden in Aufruhr» oder «Natur im Fragment»
betitelt waren, hat das Kunsthaus dieser bislang nur in
Einzelaspekten untersuchten Kunstepoche der Schweiz
eine längst überfällige Rundumschau gewidmet.
Um die engen Verbindungen zu Künstlern aus dem Aus-
land zu beleuchten, fanden in der Ausstellung mit ihren
rund 170 Gemälden und Zeichnungen auch viele Nicht-
schweizer – darunter Joseph Mallord William Turner und
Joseph Anton Koch – Beachtung. In ihren ganz eigenen
Visionen des Vierwaldstättersees oder des Schmadri-
bachfalls erzählen sie viel darüber, wie die Schweiz in
dieser Zeit zur Projektionsfläche für Freiheitsideale und
individuelle Sehnsüchte gerä t.
Die Einbindung so gefeierter Namen wie Turner oder
Koch hat uns freilich nicht davon abgehalten, auch kleine-
re, heute nur noch wenig bekannte Schweizer Meister wie
Jakob Christoph Bischoff oder Friedrich Salathé in ihrer
Bedeutung ernst zu nehmen. Gerade in Italien vermoch-
ten letztgenannte Künstler , ges chult in der Tradition der der