was Künstler der Pop-Art wie Andy Warhol mit seinen «Car
Crashes» (1963) beschäftigte, für dessen Arbeit sich Richter auch
interessierte. Diese Gemälde sind Zeugnis wie auch Kommentar
auf einen Sinneswandel in der Medienlandschaft der 1960er, wo
ein Krieg erstmals live aus Vietnam im Wohnzimmer verfolgt wer-
den konnte, und als Konsequenz Sensationsgeschichten rund um
gewöhnliche Menschen mehr und mehr die Boulevardzeitungen
füllten. Dabei geht es Richter aber auch ganz besonders um den
nüchtern analytischen Blick auf Typologien, sprich wiederkehren-
de Merkmale der Porträtfotografie, und ihrer Gesetzmässigkei-
ten, die wiederum unsere Gewohnheiten des Sehens, aber auch
der Selbstinszenierung formen. In Richters Worten zum Entste-
hungszeitpunkt dieser Gemälde: «Ich kopiere Fotos nicht mühse-
lig und mit handwerklichem Aufwand, sondern entwickle eine
rationelle Technik, die rationell ist, weil ich ähnlich wie eine Ka-
mera male, und die so aussieht, weil ich die veränderte Art zu
sehen ausnütze, die durch die Fotografie entstand. [...] Es geht um
keine Lehre bei einem Kunstwerk. Bilder, die deutbar sind und die
Sinn enthalten, sind schlechte Bilder. [...] Ein Bild demonstriert
die Zahllosigkeit der Aspekte, es nimmt uns unsere Sicherheit.»®?
Vor diesem Hintergrund soll «Acht Lernschwestern» auch unsere
vorgefertigte Meinung über Frauen einer bestimmten Epoche und
über ein vermeintlich ebenso klar definiertes Berufsbild hinter-
fragen.
Catherine Hug
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Europop, Ausst.-Kat. Kunsthaus Zürich, Köln 2008, 5. 141.
Helmut Friedel (Hrsg.), Gerhard Richter: Atlas, 2. Aufl. Köln 2011.
Gerhard Richter, «Notizen 1964-1965», in: Dietmar Elger und Hans Ulrich Obrist (Hrsg.)
Gerhard Richter: Text 1961 bis 2007, Köln 2008, 5. 33.