Full text: Jahresbericht 2021 (2021)

AKTIVITÄTEN 
im Auge zu behalten, die einzelnen Bestände jedoch nach 
Möglichkeit dort zu zeigen, wo sie am besten wirken, und 
wo sie vom jeweiligen Architekturkontext getragen werden. 
Es wurden Werkgruppen, die In sich eine Einheit bilden, ei- 
gentliche «Cluster» definiert und mit passenden Raumein- 
heiten in Verbindung gebracht. Die einzelnen Cluster - im 
Sinne des «Storytelling» könnte man auch von narrativen 
Einheiten sprechen - funktionieren innerhalb dieses Kon- 
zepts autonom und können an andere Cluster grenzen, die 
thematisch oder stilistisch verwandt sind, oder auch nicht. 
So entstehen Kontraste zwischen einzelnen Clustern und 
es treffen unterschiedliche Kontexte aufeinander, die zu 
neuen Sichtweisen anregen. Diese Vorgehensweise ist die 
Basis der neuen Gesamtpräsentation. 
ın besonderer Weise gilt dies für die sogenannten «Inter- 
ventionsräume» - definierte Räume im Bestand und in der 
Erweiterung, die im Gegensatz zu ruhig und langfristig 
strukturierten und bestückten Räumen mit Sammlungsen- 
sembles regelmässig neu bespielt werden sollen. Sie ha 
ben die Aufgabe, scharfe Gegensätze zu den angrenzenden 
Räumen zu bilden und damit die klassischen, kanonischen 
Bestände mithilfe von Junger, sehr oft weiblicher und nicht 
selten kontroverser Kunst zu beleben. 
Neben der Einbeziehung von viel mehr Kunst von Künstle- 
rinnen sind das Zeigen von deutlich mehr Werken der In- 
stallationskunst und vermehrt auch von Werken von aus 
serhalb der traditionellen «westlichen» Kunst als weitere 
besondere Schwerpunkte der Eröffnungspräsentation zu 
nennen. 
REAKTIONEN AUF DIE ERWEITERUNG 
Besuchermässig war die Startphase des erweiterten 
Kunsthauses sehr erfolgreich. Seitens der Medien und 
verschiedener Interessengruppen dominierte aber die 
Kritik an der Einbeziehung, Präsentation und Kontextua- 
lisierung der Bührle-Sammlung, die zu einem kleinen Teil 
aus Beständen ehemaliger Raubkunst und sogenannter 
Fluchtkunst besteht. Demgegenüber fanden die Anstren- 
gungen zur lebendigen, zeitgerechten Präsentation der 
Kunsthaus-Sammlung und das besondere Pflegen der 
oben genannten Schwerpunkte weit geringere Beachtung. 
PROVENIENZFORSCHUNG IN DER SAMMLUNG 
Das Kunsthaus Zürich prüft jeden Fall von Raub- oder 
Fluchtkunst im Sinne gerechter und fairer Lösungen. 
Dies sind wir den früheren Eigentümerinnen und Eigen- 
tümern jener Kunstwerke schuldig, die sich von diesen 
trennen mussten, als sie ihrer Jüdischen Herkunft wegen 
verfolgt wurden oder in sonstige Notlagen gerieten - und 
ihren Nachfahren. Hier stehen wir in der Verantwortung, 
und diese übernehmen wir. 
Die Suche nach gerechten und fairen Lösungen schulden 
wir aber auch vorbildlich agierenden damaligen Akteu- 
ren in der Schweiz, wie Wilhelm Wartmann. Von 1909 bis 
1949 Direktor des Kunsthaus Zürich, handelte er in der 
Zeit der Nazi-Diktatur verantwortlich und bot wiederholt 
bedrängten Jüdischen Sammlerinnen und Sammlern Un- 
terstützung an. 
Der Provenienzbeauftragte der Sammlung, Joachim 
Sieber, hat die Aktivitäten des Kunsthauses im Berichts- 
jahr wie folgt zusammengefasst: 
«Im Frühjahr 2021 konnte das wissenschaftliche For- 
schungsprojekt <Die Provenienzen der Schenkungen 
Leopold Ruzicka (1949), Nelly Bär (1968) & Walter 
Haefner [1973 - 1995)> mit Förderung vom Bundesamt für 
Kultur [BAK] gestartet werden. Es umfasst 74 vor 1945 
entstandene Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen, die 
am Original untersucht und dokumentiert sowie deren 
Provenienzen systematisch überprüft, erforscht und suk- 
zessive in der Sammlung Online publiziert werden. 
Ein zweites vom BAK unterstütztes Provenienzfor- 
schungsprojekt konnte im Archiv der Zürcher Kunstge- 
sellschaft und des Kunsthaus Zürich aufgenommen wer- 
den [siehe S. 85]. Im Berichtsjahr wurden zudem an der 
fortlaufenden Aktualisierung und Publikation der Prove- 
nienzen der Sammlungsbestände gearbeitet, zahlreiche 
externe Anfragen bearbeitet, wie auch an nationalen und 
internationalen Tagungen teilgenommen. Im Sommer 
konnte im Rahmen der Neuorganisation der Sammlungs- 
räume erstmals im Bestandsbau ein Interventionsraum 
zum Thema Provenienzforschung umgesetzt werden. 
Darin werden anhand mehrerer Objektgeschichten neu- 
este Erkenntnisse der Provenienzforschung vermittelt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.