Körper, verletzte Seelen» (SWR / Arte und Lona Media, 2021/22, 52
Min.)
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wird Spierenburg (neben Koryphäen wie Siri Hustvedt, Yayoi
Kusama, Ai Weiwei oder auch Hannah Wilke) in ihrem Leben als
chronisch kranke Künstlerin und insbesondere bei der Produktion
ihres Films «Die Entspannung» begleitet. Spierenburg sagt dort:
«Für mich ist es sehr wichtig, dass es auf der sinnlichen Ebene
stattfindet, und natürlich ist dieser Film auch eine Verarbeitung
dieser Krankheit». Spierenburgs «Die Entspannung» mag eine
Reflexion über das eigene Schicksal sein. Dieser Film ist aber auch
Ausdruck davon, wie bislang viel zu selten vorkommende Bilder
von Schmerz und ihrer Sichtbarmachung, Behandlung oder Linde-
rung, die damit verknüpfte existenzielle Not, aber auch die daraus
entspringende Kraft, aussehen können.
Spierenburg lebt und arbeitet in Zürich. Sie studierte an der
Schule für Gestaltung Basel, an der Gerrit Rietveld Academy in
Amsterdam und an der Central Saint Martins in London. Wieder-
kehrende Themen in ihrem Œuvre sind das Wechselverhältnis von
Mensch und Gesellschaft oder auch die formalen Qualitäten von
Alltagsgegenständen. Mit «Die Entspannung» haben wir es mit
dem ersten Kunstfilm der Kunstgeschichte über MS zu tun, und es
wird hoffentlich nicht der letzte sein, denn zu viele Themen rund
um den Körper werden zwar medizinisch erforscht, aber bleiben
auf kultureller Ebene unan- und unausgesprochen. Warum das so
wichtig ist, bringt Bárbara Rodríguez Muñoz 2020 im Referenzbuch
«Heath» auf den Punkt: «Krankheit ist eine Konstante in unserem
Leben […] auch wenn diese Konstante immer wieder durch den
Hochglanz unseres Wellness-Kults mundtot gemacht wird […] so
verlangen Künstler:innen nach Existenzberechtigung jenseits ei-
nes ‹state of health as norm›.»
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Cathérine Hug
1 Die Erstpräsentation fand am 28.4.2022 am Kunsthaus Zürich statt, im Rahmen
der Ausstellung «Take Care» (8.4.–17.7.2022). Ausstrahlungen am 29.5.2022 und am
8.6.2022 auf Arte, SRF1.
2 Bárbara Rodríguez Muñoz (Hrsg.), HEALTH: Documents of Contemporary Art,
London /Cambridge 2020, S. 12 –13.